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Entwicklungsländer

Eine Zeitung braucht das Land

Das Himalaya-Königreich Bhutan verordnet sich Demokratie und freie Medien. Das Volk hält das für übertrieben

Das Zeremoniell zur Einweihung von “Bhutan Times” (BT) erinnert eher an einen religiösen Ritus als an ein politisches Ereignis auf dem Weg zur Demokratie. Die gesamte Belegschaft schreitet in der nationalen Tracht auf den Rasen, welche für Männer aus einem sackartigen, knielangen Einteiler besteht. Während sich vier Bedienstete in synchronisierten Bewegungen auf das Festzelt zubewegen, um den Ehrengästen aus silbernen Krügen undefinierbare Flüssigkeiten einzuschenken, murmeln einige Lamas Mantras und Gebete. Es ist ein strahlend klarer Sonntag, und die Lamas scheinen daher mit der Bestimmung eines günstigen Tages für die Erstausgabe nicht ganz falsch gelegen zu haben. Auch wenn sich Bhutan Times als erste private Zeitung des kleinen Himalaya-Königreiches stilmäßig eher westliche Blätter zum Vorbild nimmt, so respektiert sie doch die tief verwurzelte buddhistische Tradition des Landes.

In Zeiten, in denen die renommiertesten Printmedien in aller Welt unter massiven Druck geraten, stellt die Gründung der Bhutan Times einen mutigen Schritt dar, denn die Bedingungen, unter denen sie ins Geschäft einsteigt sind nicht einfach: Bei einem Stückpreis von etwa 20 Cent pro Ausgabe will sie sich fast ausschliesslich über Werbung finanzieren.

Bhutan hat ähnlich viele Einwohner wie Frankfurt am Main und eine Fläche so groß wie die Schweiz. Im Süden liegt Indien, im Norden Tibet. Die Unternehmen gehören größtenteils dem Staat. Touristen dürfen für 200 US-Dollar pro Tag ins Land. Internationale Aufmerksamkeit erregt das Land allenfalls durch unkonventionelle Initiativen wie die offizielle Einführung des Konzeptes von “Gross National Happiness” (übersetzbar mit “Bruttosozialglück”) als Leitlinie der Entwicklungspolitik, oder das landesweite Verbot von Zigarettenverkauf und Plastiktüten aus Gesundheits- und Umweltmotiven.

Die 30 Mitarbeiter der Bhutan Times treten in einen Wettstreit mit den etwa 120 gut bezahlten Angestellten des “ Künsels ”, der bisher einzigen – staatlichen bhutanesischen Zeitung. Ab Juni diesen Jahres wird auch noch der “ Bhutan Observer” erscheinen, ein Privatprojekt eines wohlhabenden Geschäftsmannes.

Während in der ersten Ausgabe der BT 18 ganzseitige Werbeanzeigen den geplanten Auslandsteil verdrängten und 16 Seiten Inhalt gegenüberstanden, läge für die zweite Ausgabe noch keines einziges Inserat vor, sagt der Geschäftsführer Tenzin Rigden. "“Wir hoffen, dass im Laufe der Woche noch Aufträge von Regierungsagenturen eintreffen." Auf die erste Ausgabe war die Nation so gespannt, dass sich viele private Firmen in ihr vermarkten wollten. Jetzt sieht es düster aus.” Auch die rund 13.000 verkauften Exemplare waren etwas weniger als man sich erhofft hatte. Also klopft Tenzin an die Tür des UN Development Programmes (UNDP). Dieses hat eine “Governance”-Abteilung, die Bhutan beim Übergang von einer absoluten zur konstitutionellen Monarchie beratend zur Seite steht. Für Rigden ist sie damit potentiell eine gute Fundraising-Adresse.

Bhutan hat bis zum Jahr 2008 noch eine Menge Arbeit vor sich, dann soll die Verfassung verabschiedet werden. Neue Institutionen wie eine Anti-Korruptions-Kommission werden gegründet oder auch ein Justizministerium. – Bis 2001 gab es noch nicht einmal ein Gerichtssystem mit Anwälten, die Angeklagten verteidigten sich selbst.

Auch die Verfassung muss dem Volk erstmal erklärt werden. Zu diesem Zwecke befindet sich der 26-jährige Kronprinz, der seinen Vater ablösen soll, sobald die Verfassung verabschiedet ist, seit einigen Monaten auf Tournee durch das ganze Land. Laut einem Artikel der ersten BT -Ausgabe ist die häufigste Kritik, die von der Bevölkerung bei dieser Gelegenheit geäußert wird, die Verfassungsklausel, nach der jeder König spätestens mit 65 Jahren abzutreten hat. Der amtierende König, Jigme Singye Wangchuk ist erst 50 Jahre alt, und über seine freiwillige Amtsabgabe scheint die Bevölkerung eher bestürzt zu sein. “Seit 1907 war Bhutan unter der Herrschaft von vier Königen. "Wir haben bis ins 21. Jahrhundert Frieden, Wohlstand und Entwicklung genossen. Warum sollten wir diese gute Regierungsform ändern?”", schrieb beispielsweise ein Zehntklässler auf der Jugend-Seite der ersten BT . Als der König 1998 Macht an das Parlament abtreten wollte, wehrte sich das dagegen, wurde aber nicht gehört.

Tatsächlich tragen die Initiativen des seit 1974 amtierenden Königs alle Zeichen eines aufgeklärten Monarchen, der zum Wohle des Volkes regiert. Regierungsprioritäten sind die Modernisierung des Gesundheits- und Bildungssystems, die Entwicklung ländlicher Infrastruktur und des Umweltschutzes. In Anerkennung der Bedeutung der buddhistischen Mönchsorden für die Erhaltung der bhutanesischen Kultur werden die etwa 6.000 Mönche und Nonnen in ihrem Lebensunterhalt subventioniert. Trotz der Besorgnis um die verletzliche Einmaligkeit der lokalen Kultur öffnete sich Bhutan 1999 mit der Einführung von Fernsehen und Internet der globalen Medienwelt. Davon ausgenommen blieben allerdings von Programmen wie MTV oder Wrestling, da sie nach Meinung der Regierung wenig zum Glück der Einwohner beitragen. Auch Werbeplakate gibt es aus diesem Grund nicht. Die Beliebtheit des Königs beruht auch auf dessen Volksnähe. Seine private Leidenschaft ist Basketball, – das er als Vorbild in der eher unsportlichen Nationaltracht spielt. Ugyen Tshering, freier Dokumentarfilmer, spekuliert schmunzelnd, dass die Freiheit in Shorts spielen zu können, der eigentliche Grund für seinen Rücktritt ist.

Die von oben verordnete Freiheit für das Volk drückte auch der Premierminister bei der Lancierung der ersten privaten Zeitung aus: "“Dies ist ein besonderer Tag. Weil sich damit die Vision und der Traum seiner Majestät erfüllt, eine freie Presse zu haben."”


 
 



 

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