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Berlinale

"Fick die Kamera"

Christian Moris Müller (30) hat auf der Berlinale seinen ersten Spielfilm "Vier Fenster" vorgestellt. Darin geht es um eine Familie, in der jeder dem anderen etwas vormacht. Im Zuender-Interview spricht der Regisseur darüber, wie er es auf den roten Teppich geschafft hat und wie es dann ist, plötzlich dort zu stehen

Du hast gerade deinen Abschlussfilm an der Münchner Filmhochschule fertiggestellt – und bist damit gleich auf der Berlinale gelandet. Hast Du das alles schon richtig realisiert?

Manchmal kann ich noch gar nicht fassen, dass auf einmal alles so ineinander greift. Das Drehbuchschreiben ist ja eine sehr einsame Angelegenheit, bei der man in sich drin nach Themen wühlt. Und dann geht auf einmal alles so schnell und du stehst hier auf der Berlinale und fragst dich: Wie ist das eigentlich passiert? Ich hab doch einfach nur mal aufgeschrieben, was ich erzählen wollte. Es ist ein tolles Erlebnis und macht viel Mut.

Wie war es für Dich, als Du Deinen Film hier das erste Mal vor Publikum gezeigt hast?

Ich habe mir den Film noch einmal mitangeschaut, was vielleicht keine so gute Idee war. Man fängt dann nämlich an, jeden Huster und jeden Atmer aus dem Publikum zu werten. Auf einmal hast du das Gefühl, du hörst 600 Leute gemeinsam atmen und bist in allen Köpfen drin. Und alles kommt dir plötzlich viel zu lang geschnitten und total langweilig vor. Du siehst nur noch Fehler und denkst: Wann ist es endlich vorbei? Und dann gehst du am Ende mit zitternden Knien vor die Leinwand. Ich hatte eigentlich damit gerechnet, dass Buh-Rufe kommen, weil „Vier Fenster“ ein Film ist, der sehr polarisiert. Bei dem sich die Leute auch unwohl fühlen. Er ist in gewisser Weise eine Zumutung – und auch so gemeint. Ich hab danach aber ganz viele schöne Reaktionen gehört. Aber auf einer Premiere kommen ja auch eher die Leute auf einen zu, die den Film mögen.

Du hast den bekannten Kameramann Jürgen Jürgens, der schon für Michael Haneke und Rainer Werner Fassbinder gearbeitet hat, für Deinen Film gewinnen können. Wie hast Du das geschafft?

Es war für mich immer schon ein Traum, mit Jürgens zu arbeiten. Ich hatte das Gefühl: Dieser Mann steckt immer genau da, wo es interessant ist. Im Internet habe ich seine Telefonnummer gefunden. Die lag dann ganz lange auf meinem Schreibtisch. Als ich ihn schließlich angerufen habe, wollte ich in erster Linie nur einen Rat von ihm einholen, an wen ich mich bei der Suche nach einem Kameramann wenden soll. Ich bin bei ihm auf ein offenes Ohr gestoßen und fand es wirklich außergewöhnlich, dass sich so eine Koriphäe die Zeit nimmt und mir zuhört. Ich habe ihm dann mein Drehbuch geschickt, er hat es sofort gelesen, mich am nächsten Tag angerufen und gesagt: „Ich mach das.“ Ohne überhaupt nachzufragen, wie das Projekt finanziert wird, wie viel Erfahrung ich habe und welche „Stars“ da mitspielen.

Wie fühlst Du Dich denn jetzt auf der Berlinale – nun quasi selbst ein Star?

Naja, man hat auf einmal eine Akkreditierung, die ganz toll ist, weil man damit in fast jeden Film reinkommt. Und dann hat man aber gar keine Zeit zum Filmegucken, weil man sich auf irgendwelchen Empfängen rumtummelt, um Kontakte zu knüpfen. Manchmal halte ich mich dann an meinem Häppchen fest und denke mir: „Ihr seid hier alle wichtig, aber ich weiß sowieso nicht, wer ihr seid.“ Aber es gab auch ganz schöne Begegnungen. Es ist toll, mit anderen Filmemachern zusammen zu kommen, die Pläne haben und auch noch auf der Suche sind.

Bevor du auf die Filmhochschule gegangen bist, hast Du ganz viele andere Dinge ausprobiert: Du warst auf einer Ballettschule, auf der Münchner Meisterschule für Mode und auf einer Schauspielschule in New York.

Ich habe viele Dinge gemacht, die mich einfach interessiert haben. Mode war ein Teilbereich davon. Auch dabei ging es mir vor allem um visuelle Gestaltung, um Bildsprache. Ich habe lange gebraucht, um zu verstehen, dass Regie das ist, wo ich hingehöre. Plötzlich habe ich gemerkt: Da gibt es ja einen Beruf, der bringt das alles zusammen, was dich interessiert: Auf der einen Seite kannst du mit Bildern Geschichten erzählen, auf der anderen Seite kannst du mit Menschen arbeiten, es geht viel um Bewegung, Choreografie und Rhythmus – da kommt der Tanz wieder herein - und natürlich Schauspielerei.

Fällt es dir aufgrund deiner eigenen Schauspielerfahrung leichter, mit Deinen Darstellern zu arbeiten?

Vielleicht. Man muss einfach für jeden Schauspieler die richtige Sprache finden. Frank Droese spielt in dem Film eine Sex-Szene mit einem anderen Mann in einer Pornokino-Kabine. Er meinte danach, ich hätte ihm die Regieanweisung gegeben: „Fick die Kamera.“ Es kann sein, dass ich das gesagt habe (lacht), aber es war eine Sprache, die bei Frank funktioniert hat. Obwohl er selbst behauptet hat, das habe ihn in dem Moment total durcheinander gebracht. Aber ich habe im Endeffekt das erreicht, was ich wollte. Was er als Unsicherheit beschrieben hat, war das, was ich auf der Leinwand sehen wollte. Es kommt häufig vor, dass ein Schauspieler das Gefühl hat, er war nicht gut, dabei war er eigentlich brilliant - weil er die Kontrolle verloren hat. Es ist sehr, sehr wichtig, dass ein Schauspieler den Punkt erlebt, an dem er die Kontrolle verliert. Das ist der Moment, an dem er wirklich drin ist.

Was würdest Du jemand raten, der Regisseur werden will?

Es ist sicher ein ganz großer Vorteil, auf eine Filmhochschule zu gehen. Weil man dort ein Netzwerk vorfindet, das man später auch nutzen kann. Man lernt Leute kennen, an die man sonst nur sehr schwer rankommt. Außerdem wird man an einer Filmhochschule gemeinsam groß. Die Produzenten machen ihren Abschluss, wenn auch die Regisseure ihren Abschluss machen.

Ich glaube aber, dass man sich nicht zu früh auf den Film konzentrieren sollte. Leute, die gerade ihr Abitur gemacht haben, sollten sich zum Beispiel wirklich noch ein bisschen Zeit nehmen und erstmal andere Dinge entdecken: Ins Ausland gehen oder etwas nur für sich machen, aus reiner Neugier am Leben. Denn das ist ja letztlich das, über das sie später schreiben oder was sie verfilmen möchten. Man muss herausfinden: Was ist mein Thema im Leben? Und dem sollte man immer nachgehen - mit großer Neugierde.

Du wirst in diesem Jahr Deine Ausbildung abschließen - wie geht es jetzt weiter bei Dir?

Jetzt wird natürlich erst mal ein großes Loch kommen. Ich war ja während der Ausbildung lange in einem „Tunnel“ unterwegs, aus dem ich jetzt plötzlich auf dem roten Teppich herauskommen bin. Jetzt müssen wieder neue Dinge kommen. Hoffentlich Dinge, die mit dem Filmemachen nicht soviel zu tun haben. Ich möchte ja auch wieder übers Leben erzählen und das muss ich mir jetzt mal wieder angucken. Ich glaube, ich kann im Moment mehr über Empfänge und den Glamour der Berlinale erzählen als über das, was hinter diesen spiegelnden Fassaden ist. Und das interessiert mich viel mehr.


 
 



 

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