"Obwohl sie mich beklaut hatten, wollte ich zu ihnen gehören"
TEIL 4
Am Ende des Buches schreibst du: Das Wichtigste, was ich zum Umgang mit dem Kiffen zu sagen habe, ist: Kauf dir einen großen Beutel und versuche nicht mehr ranzugehen. Das frage ich: Wozu dann überhaupt kaufen, wenn man ihn nicht genießen kann?
Der Satz ist nur aus meiner damaligen Situation heraus zu verstehen. Er
sollte ausdrücken, dass man eine Sucht erst dann überwunden hat, wenn
man nicht mehr vor ihr flieht. Die beste Probe ist wohl, wenn man nicht
kifft, obwohl der beste Freund neben einem sitzt und wieder eine Bong
durchzieht. Erst, wenn der Beutel vor einem liegt und man will nicht
zugreifen, hat man es geschafft. Wer erst einmal Dauerkiffer war, dem
ist es aus meiner Sicht kaum möglich in einen maßvollen Konsum
überzuwechseln. Der muss erst einmal ganz aufhören. Das ist wie bei
Alkoholikern.
Und nebenbei würde diese Situation auch ein neues Bild auf eine Freundschaft werfen. Hast du heute Kontakt zu Leuten, die viel kiffen?
Klar, und die Beispiele können unterschiedlicher nicht sein. Ich kenne
einen, der kifft den ganzen Tag und hat nebenbei ein sehr gutes Abitur
gemacht. Er ist wirklich sehr intelligent und lebensklug. Ich habe aber
auch Bekannte, die kiffen täglich und haben riesige Probleme damit:
Zukunftsängste, Paranoia, Streit mit den Eltern, Selbstdestruktion bis
zur Selbstaufgabe, Verlust des rationalen Denkens, einige verlieren
tatsächlich langsam ihren Verstand. Und das Problem bei Dope ist eben:
Die meisten, die so was hier jetzt lesen, denken, sie gehören zu denen,
die das total im Griff haben. Sie haben nicht die Stärke ihre Schwäche
zuzugeben. Wenn du zu Hilfsmitteln greifst um dich glücklich zu machen,
dann musst du wenigstens durchschauen, dass du nicht stark genug bist
mit deiner hausgemachten Energie genauso oder sogar noch glücklicher zu
werden. Ich kann nur altklug und besserwisserisch dazu aufrufen sich
auch als ganz junger Mensch wirklich intensiv mit dem eigenen Denken
und Handeln auseinanderzusetzen.
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Wenn du so etwas vor Schulklassen oder bei Lesungen sagst, wie sind die Reaktionen darauf?
Durchweg positiv. Es kommen immer sehr viele Fragen. Und zwar vom
witzig gemeinten Wo kann ich Gras kaufen? bis Ich habe da einen
Freund, der will aufhören. Die häufigste Frage ist allerdings, ob ich
meiner Mutter böse bin, dass sie nicht härter durchgegriffen hat. Das
ist die Antwort natürlich Nein, denn auch als 14-Jähriger wusste ich
schon, wie ich meinen Kopf durchsetze. Meine psychische Veranlagung ist
die Ursache: Meine Mutter hat mich mit 42 bekommen, ich bin ohne Vater
aufgewachsen und war schon im Kindergarten anders als die anderen, wie
es so schön heißt. Äußerst sensibel halt, dazu redseelig, stets gut
behütet, materiell gut gestellt. Dann habe ich eine gewisse altkluge
Art bekommen und mich früh zu Themen geäußert, deren Horizont ich nur
erahnen konnte. Eine Sicht aus dem Elfenbeinturm. Spätestens die Welt
der Grundschule war roh und hart für mich.