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Sicherungsverwahrung

Wegsperren – und zwar für immer?

TEIL 2

Gabriela Karl befürwortet, dass die Sicherungsverwahrung für Jugendliche möglich wird: "Es gäbe endlich ein Mittel, diese Jugendlichen zur Therapie zu zwingen." Eines der großen Defizite der bisherigen Praxis sei gewesen, dass junge Straftäter die Angebote zur Therapie einfach hätten ignorieren können. "Jetzt müssen sie, sonst kommen sie nicht mehr raus." Aber genau das sei das Problem, sagt Michael Herwartz, Bewährungshelfer in Kerpen bei Köln. "Würde man gesunden, aber gefährlichen jungen Schwerverbrechern mit unbegrenzter Haft drohen, könnte sie das dazu bringen, in Therapien Behandlungsfortschritte zu simulieren. Es kommt zu Ängstlichkeit und Blockade. "So können Scheintherapien entstehen."

Der Versuch, Jugendliche mit offener Haftdauer zu Fortschritten zu zwingen, ist nicht neu. Bis 1990 konnten die Gerichte junge Straftäter zu einer "Jugendstrafe von unbestimmter Dauer" verurteilen. Der auch als "Gummiparagraph" bezeichnete Passus wurde wegen Erfolglosigkeit gestrichen: Schon 1987 waren nur noch 0,1 Prozent der verhängten Jugendurteile von offener Dauer.

"Manchmal ändert sich nur der Aufkleber auf der Zellentür"

Jörg Schewe ist Rechtsanwalt in Hamburg und hat über die Sicherungsverwahrung bei Erwachsenen in Deutschland promoviert. Er kritisiert den Umgang mit den derzeit etwa bundesweit 300 Verwahrten: "Es bringt nicht viel, Menschen nach Verbüßung ihrer Strafe weiter wegzusperren, ohne dass sich der Alltag dabei verändert." Leider sei dies aber oft der Fall. "Manchmal ändert sich nur der Aufkleber auf der Zellentür, sonst bleibt der Vollzug derselbe. Teilweise sind die Sicherungsverwahrten sogar in den selben Trakten wie normale Strafgefangene untergebracht." Das sei nicht hilfreich bei der Resozialisierung. Die Sicherheitsverwahrten bekämen oft ein Verständnisproblem, das zu erhöhtem Frust führe. "Sie verstehen, dass sie bestraft werden, aber nicht, dass sie nach Verbüßung der Freiheitsstrafe weiterhin im Vollzug bleiben – und zwar erstmal unbefristet."

Jugendliche Verurteilte nach Absitzen ihrer Strafe hinter Gittern zu behalten, soll uns vor Rückfälligen schützen und die Täter in die Lage versetzen, später wieder ein normales Leben unter Menschen zu führen. Man erwartet ausführliche Analysen über die Rückfallanfälligkeit junger Täter, vielleicht auch wissenschaftliche Studien. Aber nein: Im Bundesjustizministerium existiert keine Statistik darüber, wie viele Jugendliche, die Schwerverbrechen begangen haben, in der Vergangenheit rückfällig geworden sind. Die Berater der Politiker, die die Sicherungsverwahrung fordern, müssen ihre Informationen woanders hernehmen.

Vielleicht vom Kiosk? Eine Studie des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen (KFN) sagt Wichtiges dazu: Die Menschen haben Angst. Die Deutschen glauben, die jährliche Rate der Sexualmorde habe sich um 260 Prozent erhöht. In Wirklichkeit ist sie gesunken, von 81 im Jahr 1993 auf 26 vor zwei Jahren. Auch die Jugendkriminalität ist nicht so ausgeufert wie gefühlt: Mitte der Neunziger Jahre stieg sie stark an, ist seitdem aber wieder leicht gefallen. Kein Grund zur Freude, aber auch keiner zur Panik. Einigen Medien ist das Thema trotzdem regelmäßig einen Aufmacher wert: "Psycho-Ärzte ließen Killer laufen", "Kinderschänder ließ sich Opfer aus Bulgarien kommen" oder "Bei Ausgang Doppelmord" mögen Auflage bringen, sie erzeugen beim Leser aber Angst und ein Gefühl von Bedrohung. Empfangene Botschaft: An jeder Ecke lauert ein Tierquäler, Vergewaltiger, Mörder. So kommt ein Kreislauf in Gang, der kaum zu stoppen ist und der möglicherweise auch Gutachter, die die Jugendlichen beurteilen sollen, beeinflusst. "Das Thema Sicherungsverwahrung wird von vielen Politikern häufig populistisch eingesetzt", sagt Schewe. Nach solchen in den Medien aufbereiteten Fällen steigern Politiker ihre Umfragewerte, wenn sie härtere Strafen fordern. Das funktioniert fast immer und entfernt die Diskussionen mehr und mehr von der Realität. Unter solchen Bedingungen kann man sich ruhig fragen, ob es bei der Sicherungsverwahrung für Jugendliche wirklich auch um Resozialisierung geht. Oder ob sich der Staat hier anmaßt, das Bedürfnis seiner Bürger nach Rache zu befriedigen.


 
 



 

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