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Nie wieder Bomben bauen?

Im Internet gibts fast alles. Noch. Denn wenn es nach Günther Beckstein (CSU) geht, gibt es bald Filter für bestimmte Inhalte

Die Trainingshandbücher der Al-Qaida, Pornos und Bombenbauanleitungen: Wer lange genug sucht, wird im Internet fündig. "Man kann sich Rezepte herunterladen, wie man ohne groflen Aufwand sehr schwer nachweisbare Sprengstoffe herstellt" stellte der bayrische Innenminister Günther Beckstein (CSU) vergangene Woche im Gespräch mit der Wirtschaftszeitung Handelsblatt fest. Und forderte deshalb, mittels Filterprogrammen den Zugang zu solchen Angeboten im Netz zu sperren. Filterexperten halten diesen Vorschlag für ziemlichen Unsinn. Doch glauben wir dem bayrischen Innenminister erst einmal und gehen auf die Suche.

Die Veröffentlichung von Bombenbauanleitungen steht in der Bundesrepublik unter Strafe. Allerdings gilt das deutsche Strafgesetzbuch nur wenig im weltweiten Datennetz. Wer sich um deutsches Recht drücken will, weicht auf ausländische Server aus. Binnen kurzer Zeit wird ein geübter Suchmaschinennutzer fündig. Die größte Überraschung: Anleitungen für Rohrbomben und Glycerintrinitrat finden sich neben den letzten Harry-Potter -Bänden. Eine Zutatenliste, die benötigten Gerätschaften und Anwendungsempfehlungen liegen für interessierte Benutzer bereit. Auch ganz ohne Zauberschule könnte man Bomben bauen. Soweit hat Günther Beckstein also recht.

Das Problem zu erkennen ist der erste, es zu lösen der zweite Schritt. Mit Filtern will der bayrische Innenminister zuerst den Bombenbauanleitungen und dann vielleicht weiterem Teufelszeug im Cyberspace zu Leibe rücken. Dabei ist die technische Machbarkeit ein echtes Problem. "Es kommt darauf an, wieviel Geld Herr Beckstein in die Hand nehmen will, welche Einschränkungen man in Kauf nimmt, wieviele Nebenwirkungen man ertragen will und wie weit das Ganze gegen Umgehungsmöglichkeiten gesichert sein soll." sagt Alvar Freude, Netzaktivist und Onlinebürgerrechtler von odem.org, über die Machbarkeit der Filterpläne. Für ihn der gangbarste Weg: Man lässt die Deutschen nur noch über wenige Knotenpunkte in den Rest des weltweiten Datennetzes. Nun könnte man Filter an diesen Stellen einbauen. Die jedoch nur bei unverschlüsselten Daten greifen werden.

Die Nebenwirkungen dieses Eingriffs wären enorm: Der Verkehr würde zentralisiert, auch sensible Daten wie die von Kreditkarten und Onlinebanking würden nur über die zentralen Knoten zu ausländischen Servern gelangen. Fraglich, ob hierdurch nicht das verfassungsrechtlich garantierte Grundrecht auf freien Informationszugang betroffen wäre. Was würde beispielsweise ein Student machen, der über Bombenbauanleitungen im Internet eine wissenschaftliche Arbeit verfassen möchte? Er könnte sich nicht ohne weiteres angemessen informieren. Die Regeln der Offlinewelt passen wieder einmal nicht auf die Realitäten des Cyberspaces.

Dabei ist die Funktionalität solcher Filter nicht garantiert, wie Alvar Freude feststellt: "Wir sehen ja an China und anderen Ländern, dass auch dort die Filter nicht so stabil funktionieren, wie es die Regierungen denn gern hätten." Chinesische Juristen argumentieren gegen¸ber westlichen Vertretern immer gerne, dass auch bei ihnen aus Gründen des Jugendschutzes und der inneren Sicherheit zensiert würde. Dass auch unerwünschte Inhalte stets frei verfügbar bleiben, gehört zum Grunddesign des Internet. So formulierte John Gilmore von der Bürgerrechtsbewegung Electronic Frontier Foundation schon 1993: "Das Netz interpretiert Zensur als Fehler - und routet um diesen herum." Wer es wirklich darauf anlegt, wird auch in Zukunft kein Problem damit haben, sich aus allen Quellen zu bedienen.

Anleitungen fanden sich für Suchende dabei schon immer. Wer naturwissenschaftliches Geschick und Interesse mitbringt, kann sich das notwendige Wissen auch aus Schulbüchern anlesen. Mit dem Chemiebaukasten und ein paar Backzutaten ist genug Material vorhanden um Bombenleger zu werden. Dabei gibt es - anders als beispielsweise bei Urheberrechtsverstößen - keine auf das Internet zurückführbare Zunahme von Bombenanschlägen. Alvar Freude hält Becksteins Vorschlag für eine reine Schnapsidee in Wahlkampfzeiten: "In einem halbwegs vertretbaren finanziellen Rahmen und ohne Nebenwirkungen ist es nicht möglich."


 
 



 

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