Jugend in der DDR

Rebellion?

André Hennig

Ein Rebell war jemand, der 1988 im Lager für vormilitärische Ausbildung ein Runenalphabet über sein Etagenbett pappte. Dass man das als rechtsradikale Symbolik hätte deuten können, hat keiner kapiert, auch nicht die Genossen Unteroffiziersschüler, die uns das Marschieren beibrachten.

André Hennig arbeitet als freier Journalist in Dresden. Er wurde 1972 in der sächsischen Kleinstadt Meißen geboren.

Ein Rebell war jemand, der mit „Stars and Stripes“-Shirt in der Schule aufkreuzte (was unter Umständen einen Tadel und den Rausschmiss für einen Tag nach sich zog) oder schwarz-rot-goldene Streifen auf sein Moped klebte. Ersteres ließ ich bleiben, in Ermangelung des besagten Shirts. Für letzteres habe ich mich ein Jahr später geschämt.

Kein Rebell war jemand, der West-Musik hörte, das taten alle. Ost-Rock zog sich in meinem Kiez kein Mensch rein, weswegen ich erst ziemlich spät zu systemfernen Punk-Combos wie Feeling B oder Herbst in Peking fand. Bei der Schuldisko lief Mainstreamschrott aus dem Westen, denn die zwei Westsender, die manchmal bei uns ankamen, brachten nichts anderes. Einmal gab’s Ärger. Ich weiß nicht mehr, welchen staatsgefährdenden Hit da irgendjemand in grenzenloser Kühnheit aufgelegt hatte. DAF s „Mussolini“ konnte es nicht gewesen sein, das kannten wir gar nicht.

Träume | Angst | Politik | Rebellion | Sex | Drogen | Homosexualität

Zuender hat drei Zeitzeugen über ihre Jugend in der DDR befragt: Wie war das 1988? Hier geht es zur Übersicht

46 / 2006
ZEIT ONLINE