KREATIVITÄT
Schreibblockade, Bleischokolade
Woher kommen die Ideen? Und wo sind sie hin, wenn sie ausbleiben?
Die anderen haben schon viel geschrieben über die Angst vor dem weißen Papier, wir haben sogar ein eigenes Wort dafür, wenn es so aussieht, als könnte man gerade nicht und auch ich habe schon mal Schreibblockade gegoogelt, als mir nichts einfiel. Und auch ich habe schon von einer Stimmung überwältigt Texte geschrieben an Orten, an denen ich sonst nie schreibe.
Und trotzdem glaube ich nicht daran. An die Schreibblockade. Und auch nicht an die Inspiration. Ich denke, man steigt selber sowieso nie ganz dahinter, was man da tut und um es besser überblicken zu können denkt man sich Konzepte aus. Diese Konzepte verselbstständigen sich irgendwann so weit, dass man sie mit der Wahrheit verwechselt.
Man denkt. Morgens wacht man auf und es geht los und die meiste Zeit des Tages ist man mit den eigenen Gedanken beschäftigt oder damit, auf Außenreize zu reagieren. Was meistens auch mit Gedanken verbunden ist. Sagen wir du bist durchschnittlich16 Stunden wach, in der Zeit ist der Teufel was los in deinem Kopf, aber wenn dich abends jemand fragen würde, was du so gedacht und gefühlt hast du würdest wahrscheinlich nicht mal einen Bruchteil zusammenbekommen.
Es ist nicht so, dass einem nichts einfällt, das tut es den ganzen Tag, aber man merkt es nicht, weil man nicht darauf achtet.
Und sicherlich, nicht alle diese Gedanken, die man hat, taugen irgend etwas im Bezug aufs Schreiben, wahrscheinlich sogar die wenigsten. Aber es kann ja auch nicht alles Schrott sein.
Da ist etwas, da ist immer irgend etwas.
Die guten Ideen, die wirklich guten Ideen, das kennt ja jeder, bei denen kann man nicht sagen, woher sie kommen. Wenn man stunden- oder tagelang an einem Problem rumbastelt und auf einmal weiß man, wie es geht.
Woher kommt diese Idee? Man kann jetzt Inspiration dazu sagen, aber das erklärt ja gar nichts. Und wenn es Inspiration gibt, muß es am anderen Ende der Skala ja die Schreibblockade geben. Und ich mag das nicht glauben. Ich stelle es mir so vor: Dinge tauchen auf, Einfälle, Fantasien, man versteht nicht, woher sie kommen, sie tauchen einfach auf und manchmal ziehen sie eben an einem vorbei und manchmal ist man wacher oder offener und kann sie festhalten. Man hat keine Ideen, sie sind einfach da. Mit ein wenig Glück oder vielleicht auch nur Aufmerksamkeit kann man sie sehen.
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12 /
2008
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