Literatur

Fertich!

Mein erstes Buch ist da. Jetzt steht es mit den Werken von Leuten, die viel besser schreiben können, in einem Regal. Das habe ich nicht gewollt.

Von Markus Kavka

Es war schon ein ziemlich bemerkenswerter Moment, als ich letzte Woche das erste gedruckte Exemplar meines Buches in den Händen hielt. Da steht als Autor tatsächlich Markus Kavka drauf. Komisch, verwirrend, irreal, aber irgendwie auch ein bisschen aufregend. Bücher sind für mich nach wie vor Kulturgut Nummer 1, weit vor CDs und allen anderen Dingen, die man der Unterhaltung und Bildung wegen hortet. Von ihnen trenne ich mich irgendwann, von Büchern nicht. Jedes Werk, das ich mir jemals gekauft habe, steht auch heute noch in meinem Bücherregal.

Nun schäme ich mich natürlich ein wenig dafür, in meinem Regal Rücken an Rücken mit Menschen zu stehen, die das wirklich können, denn per gesunder und realistischer Selbsteinschätzung bin ich weit davon entfernt, ein guter Literat zu sein. Ehrlich gesagt, dachte ich auch niemals daran, ein Buch rauszubringen. Als ich vor etwa anderthalb Jahren gefragt wurde, ob ich nicht Lust hätte, hier beim Zuender regelmäßig Kolumnen zu veröffentlichen, sah ich das Ganze zunächst als Möglichkeit, um endlich mal über andere Dinge als Musik zu schreiben, denn Texte zu diesem Thema waren bis dato das Einzige, was ich zu Papier brachte.

Schnell stellte ich fest, dass diese Art Reserveblog sich vorzüglich dazu eignete, andere Fässer aufzumachen und ein Diskussionsforum zu etablieren. Gerade das Internet, in dem so viele anonym verfasste Dinge über mich stehen, sollte sich als guter Ort erweisen, um mal etwas von mir preiszugeben. Dinge, die mich beschäftigen, die mir wichtig sind, die mich ärgern, die mich freuen, die ich allesamt aber im Rahmen meiner sonstigen Beschäftigungen nicht öffentlich machen kann. "Maximale Transparenz" lautete der Ansatz, weswegen viele Texte auch sehr privat und persönlich wurden. Das macht selbstverständlich die Angriffsfläche nicht kleiner, insofern war es keine Überraschung, dass im Zuender-Forum die Debatte auch bis zum heutigen Tag sehr emotional und persönlich geführt wird und der Forum-Thread immer noch das Subject "Kavka" und nicht "Kavkas Kolumne" oder "Kavkas Text über …" hat.

Ich schreibe die Kolumnen auch für mich selbst. Obwohl ich jetzt nicht so weit gehen würde, ihnen therapeutische Qualitäten zu attestieren, stelle ich dennoch fest, dass einige Texte mir dabei halfen, Dinge aus meinem Leben besser bewerten, verarbeiten und einordnen zu können. Andere Texte wiederum dienten dazu, eine Öffentlichkeit für Herzensangelegenheiten zu generieren, schließlich kann man nie genug für Organspende und Suizidprävention oder gegen Nazis machen.

Dennoch war ich sehr überrascht, als bereits nach der dritten Veröffentlichung der erste Verlag mit der Idee vorstellig wurde, die Kolumnen gesammelt als Buch zu drucken. "Ich?! Ein Buch?! Warum?" oder " Versteh´ ich nicht, kann man doch, wenn man das möchte, eh alles im Internet lesen… " waren meine ersten Reaktionen. Dann jedoch dachte ich, dass meine Eltern, die kein Internet haben, sich bestimmt über ein echtes Buch von ihrem Sohn, der ansonsten immer so viel undurchsichtigen Quatsch in den Medien macht, freuen würden. Endlich mal was Handfestes!

Zudem muss man davon ausgehen, dass so ein Verlag in der Regel weiß, worauf er sich einlässt. Sind ja alles Profis, und so ein Lektor will bestimmt nach meiner noch weitere Veröffentlichungen betreuen.

Mir ist natürlich bewusst, dass die Tatsache, dass – jetzt mal ganz wertfrei – mein Name durch das Rumgeturne im Fernsehen einigermaßen etabliert ist, in den Überlegungen des Verlages gewiss die größte Rolle gespielt hat. Unbestritten gibt es da draußen im Bloggeruniversum weitaus talentiertere Schreiber, die vollkommen zu Unrecht weit davon entfernt sind, ein Buch zu veröffentlichen. Um, na ja, mein schlechtes Gewissen diesbezüglich zu erleichtern, nutze ich die Kolumnen – allerdings nicht nur deswegen – auch dazu, um auf Charity-Projekte hinzuweisen, zudem ist es eine Selbstverständlichkeit, dass ich, sollte dieses Buch Erlöse abwerfen, diese zu großen Teilen spende. Das soll jetzt auch um Himmels willen nicht als Gutmenschenalarm missverstanden werden, sondern als Geste des Eingeständnisses, dass ich mit dem Fernsehkram, der es mir ja erst ermöglicht hat, überhaupt Kolumnen zu schreiben, genug Zaster verdiene.

Und ich muss zugeben, dass mir der Literatenkram Spaß macht. Man hat gemeinhin mit sehr schlauen und belesenen Menschen zu tun, führt mit ihnen inspirierende Gespräche, lernt die doch sehr eigene Spezies Buchhändler kennen, begibt sich auf Lesereise und bewegt sich ganz generell in einem Umfeld, das nahezu komplett frei von stumpfen Arschlöchern, Heuchlern und Angebern ist.

Kommenden Freitag erscheint es also, das Buch. Titel, analog zur Kolumne: Elektrische Zahnbürsten . In den vergangenen zwei Wochen durfte ich zur Sache einige Interviews geben. Das fühlte sich zunächst mal etwas schräg an, weil in der Regel ich ja sonst derjenige bin, der die Fragen stellt. Auffällig war in dem Zusammenhang, dass die meisten Journalisten mich als Autor und nicht als den MTV-Fuzzi, der halt jetzt ein Buch herausgebracht hat, interviewten. Interessant auch die Bewertungen des Geschriebenen, die ich auszugsweise hier mal unkommentiert wiedergebe:

"Ist jetzt kein Aspirant für den Literatur-Nobelpreis, liest sich aber ganz gut weg."

"Ist sehr direkt und ehrlich, versteht auch jeder."

"Verrät eine Menge überraschender Dinge über dich."

"Dadurch, dass die einzelnen Texte relativ kurz sind, ist das Buch perfekt für: U-Bahn/Kurzstreckenflüge/Freistunde/Klo (nur Jungs)"

"Hast du das wirklich alles erlebt, zum Beispiel auch diese Geschichte mit deiner Putzfrau?"

Ja, hab ich. In dem Buch ist keine einzige Lüge. Ich habe lediglich, um die Privatsphäre einiger Beteiligter zu schützen, einige wenige Details verschwiegen. Bei anderen Dingen wiederum bin ich etwas zu sehr ins Detail gegangen, weswegen sich vor allem meine Eltern im Nachhinein ob so mancher Geschichte (Autounfall, Berliner Nachtleben, Erzählungen aus der Vergangenheit, etc.) ein bisschen Sorgen um meine Gesundheit und Psyche machten.

Meine Antwort: "Ach, Mama, Papa, ist doch nur ein Buch..."

Auch Markus Kavka:

Alle Texte aus Elektrische Zahnbürsten - Die Kolumne von Markus Kavka

Drüber reden? - Die Texte von Markus Kavka diskutieren wir hier im Forum

Nach Hause - Zuender. Das Netzmagazin

08 / 2007
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