Star-Migranten

"Hallo, ich bin ein guter Mensch."

Bei "Deutschland sucht den Superstar" bewerben sich vor allem Einwanderer. Sind Castingshows das neue Sprungbrett für Migranten? Ein Interview mit dem DSDS-Vize Fady Maalouf.

Zuender: Herr Maalouf, Sie sind erst vor zwei Jahren aus dem Libanon nach Deutschland eingewandert. Jetzt sind Sie schon "Deutschlands Superstar".

Fady Maalouf: Bin ich das? (lacht) Meine Fans sagen, ich bin der Superstar der Herzen, das ist der schönste Titel für mich. Hauptsache, ich habe das erreicht – egal, was in meinem Pass steht.

Zuender: Ganz egal kann es Ihnen aber nicht sein. Schließlich wollen Sie die deutsche Staatsbürgerschaft beantragen.

F.M.: Stimmt, es ist frustrierend, dass ich die Staatsbürgerschaft nicht habe. Eigentlich hätte ich ein Recht darauf, ich habe deutsche Wurzeln. Meine Großmutter ist Deutsche, sie heißt Bergmann. Auch mein Vater ist in Deutschland geboren und aufgewachsen, bis er sieben Jahre alt war. Die Nazis haben meiner Großmutter die deutsche Staatsbürgerschaft damals aberkannt, weil sie einen Libanesen geheiratet hat. Indem ich die Staatsbürgerschaft beantrage, stelle ich mein Recht wieder her.

Zuender: Fühlen Sie sich als Ausländer hier akzeptiert?

Galerie: Star-Migranten. Einwanderer, die man bei den Diskussionen um Integration schnell mal vergisst.

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F.M.: Ich habe das Gefühl, dass ich adoptiert worden bin, die Menschen kommen auf der Straße zu mir und sagen mir, dass sie mich lieben. Diplomaten der EU und deutsche Politiker wollen mich treffen und sagen, dass sie stolz auf mich sind. Das ist toll.

Zuender: War das von Anfang an so oder erst, seit Sie der "Superstar der Herzen" sind?

F.M.: Ich fand die Deutschen von Anfang an sehr herzlich und offen. Klar, seitdem ich bekannt bin, bekomme ich noch mehr nette Reaktionen. Aber ich habe auch davor als Ausländer nie negative Erfahrungen gemacht.

Okay, der Libanon hat in Deutschland ein sehr schlechtes Image. Ich musste anfangs auch kämpfen um die Leute zu überzeugen: Hallo, ich bin ein guter Mensch.

Zuender: Die Zuschauer waren doch scheinbar ganz fasziniert davon, dass sie aus dem Libanon kommen und dort im Bürgerkrieg aufgewachsen sind. Stört es Sie, dass das ständig Thema war?

F.M.: Anfangs fanden die Leute meine persönliche Geschichte interessanter als meine Musik. Das finde ich nicht schlimm, exotisch sein ist doch schön. Ich bin deutsch-libanesisch, spreche fünf Sprachen, habe auch in Frankreich gelebt. Die Leute finden das interessant. Ich hoffe nur, dass sie jetzt mehr über meine Musik reden werden.

Zuender: Sie sind zwar sehr international aufgewachsen, aber als Sie in Deutschland ankamen, sprachen sie kein Wort Deutsch. Wie war das für Sie?

F.M.: Ich musste von Null anfangen. Da war nicht leicht. Ich bin eigentlich ausgebildeter Modedesigner, habe aber in Hamburg keinen Job in der Branche bekommen. Ich habe dann angefangen, in einem Café zu arbeiten. Das hat mir gut getan, ich konnte mein Deutsch verbessern und habe gelernt, mit Stress umzugehen.

Zuender: Auf ihrem aktuellen Album singen Sie auf Englisch und Französisch. Planen Sie auch, auf Deutsch zu singen?

F.M.: Deutsch ist eine sehr reiche Sprache und ich möchte gerne auf Deutsch singen. Dann möchte ich meine Texte aber auch selbst schreiben und dazu muss ich mich erst verbessern. Deswegen warte ich lieber noch damit.

Zuender: Was hätten Sie gemacht, wären Sie nicht durch eine Castingshow bekannt geworden?

F.M.: Wahrscheinlich hätte ich weiter Demos an Labels geschickt und versucht, in der Musikbranche Fuß zu fassen. Aber mittlerweile glaube ich, dass ich ohne das Sprungbrett DSDS wahrscheinlich kaum eine Chance gehabt hätte. Es ist einfach sehr schwer, da hinein zu kommen. Ich hätte vielleicht auch wieder versucht, einen Job im Modedesign zu finden.

Zuender: Finden Sie, dass die Hürden für Einwanderern in Deutschland zu hoch sind?

F.M.: Ich glaube, Deutschland hat vielen Menschen Chancen gegeben und sie haben sie nicht genutzt. Ich treffe Menschen, die seit zwanzig Jahren hier leben und kein Deutsch sprechen. Viele haben eine Arbeitserlaubnis, aber wollen nicht arbeiten und leben von Sozialhilfe. Das geht nicht. Ich kann schon verstehen, wenn der deutsche Staat solche Einwanderer nicht haben will.

Zuender: Was würden Sie anderen Einwanderern empfehlen?

F.M.: Sich gut vorzubereiten. Am besten sollte man schon vorher anfangen, die Sprache zu lernen und auch schon einen Arbeitsgeber suchen. Ich habe das alles nicht gemacht, dadurch war es am Anfang schwerer.

Zuender: Glauben Sie, dass sie bei der Einbürgerung als "Superstar der Herzen" und DSDS-Vize bessere Chancen haben werden?

F.M.: Vielleicht, ich habe ja schon bewiesen, dass ich motiviert bin und bereit, hart zu arbeiten. Ich möchte gerne ein Bespiel für andere Ausländer sein, ihnen zeigen: sie können es auch schaffen, wenn sie sich anstrengen.

Zuender: Können Sie sich vorstellen, für immer in Deutschland zu leben?

F.M.: Ja, aber nicht in Hamburg. Das Wetter ist einfach zu schlecht. Ich hasse Regen.

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31 / 2008
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