Eltern-Musik

Mutti liebt Chris de Burgh

Als deutscher HipHop erfunden wurde, waren Fettes Brot dabei. Welchen Einfluss hatte der Musikgeschmack ihrer Eltern darauf? Fettes Brot packen aus.

Von Chris Köver

Anfang der neunziger Jahre, als der deutschsprachige Sprechgesang erfunden wurde, waren Fettes Brot dabei. Gemeinsam mit den Fantastischen Vier sind sie die dienstälteste deutsche HipHop-Band.

Irgendwie kann man sich die Jungs der Hamburger Band gut zusammen mit ihren Eltern vorstellen. Besser als zum Beispiel den Krawallrapper Sido . Sido, wie er am Sonntag auf dem Balkon seiner Mutti ein Stück Erdbeerkuchen reicht? Nein.

König Boris, Doktor Renz und Björn Beton sieht man dagegen sofort im Pinneberger Vorstadtidyll, den Müll rausbringend, Rasen mähend oder mit Vati und Mutti beim Abendessen sitzend.

Als Dr. Renz noch klein war , passte dazu auch der Soundtrack daheim: Im Radio, das (wie der Fernseher) fast immer lief, dudelte die Popmusik der achtziger Jahre hoch und runter. Die Gitarrensoli kann Dr. Renz noch heute pfeifen. Und seine Mutter war schwer beeindruckt von Chris de Burgh.

Im Jahr 1995, als Fettes Brot mit ihrem ersten Album Auf einem Auge Blöd in den deutschen Chats landeten, wohnten die Bandmitglieder noch bei ihren Eltern. Das ist jetzt dreizehn Jahre und fünf Alben her.

Die Musik, mit der die drei aufgewachsen sind, ist ähnlich bunt gemischt wie ihr eigener Stil. Seit einiger Zeit lassen sich Fettes Brot von Rock, Disco, Soul und neuerdings auch elektronischen Beats beeinflussen.

Daheim bei König Boris brachten vor allem deutsche Schlager und Liedermacher die Bude zum Schwingen: Roland Kaiser, Reinhard Mey, ein Grieche namens Demis Roussos . Darunter mischten sich aber auch Julio Iglesias und Cat Stevens – den König Boris bis heute mag.




Allen Stilwechseln zum Trotz haben Fettes Brot das Erfolgsrezept ihrer Musik – klassischer Rap gepaart mit viel Selbstironie und Wortspielerei – nicht verändert. Dazu kommt wohldosierte Gesellschaftskritik.

Der Einfluss des Elternhauses von Björn Beton könnte der Grund für die politischen Textpassagen sein. Bei ihm waren nämlich vor allem politische Liedermacher angesagt: Hannes Wader und überhaupt alles, womit man auch eine Demo hätte beschallen können. "Pop gab es nie", sagt Björn Beton, dafür wurde in der Badewanne gesungen.

Eins noch: Liebe Eltern von Boris, Renz und Björn, bitte seien Sie nicht böse, dass die Jungs hier im Internet alles ausgeplaudert haben. Wenn auf NDR2 mal wieder The Final Countdown der Gruppe Europe läuft, werden wir in Zukunft immer an Sie denken. Und vielleicht irgendwem ein Stückchen Erdbeertorte reichen.

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09 / 2008
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