Satira
Mafia im Finale
Eine akribisch zusammengesponnene Verschwörungstheorie von Fußball, Korruption, Weltpolitik und dem verhinderten Weltmeister Deutschland
Man könnte ihn den Italienern gönnen: den WM-Titel. Die italienische Fußball-Liga Serie A ist unter Korruptionsvorwürfen in sich zusammengefallen. Den führenden Clubs droht der Zwangsabstieg und die endlose Schmach, die Liga mit mafiösen Mitteln nicht dem Fußballgott, sondern dem schnöden Mammon und dem Renommee der Wohlhabenden überlassen zu haben. 13 Spieler der italienischen Nationalmannschaft könnten in der nächsten Saison in der zweiten oder dritten Liga spielen; den Fans wurde der Glaube an das Wahre im Sport genommen, nachdem der Glaube an die Politik und Wirtschaft schon seit langem erstorben sein muss.
Also suchen sie das Heil in der WM. Weg vom eigenen verfilzten Vereinshaus! Doch nun folgende These: Die Pranken der Mafia reichen längst schon weit in das WM-Geschehen in Deutschland hinein. Sie haben die deutsche Nationalmannschaft aus dem Verkehr gezogen. Die Sperre gegen Torsten Frings, das Ausscheiden der Deutschen - nur Bausteine des ganzen korrupten Puzzles. Später dazu mehr.
Das Ziel der italienischen Machenschaften: Die Azzurri sollen den Titel holen. Das Warum ist schnell erklärt: Bald schon entscheidet das Sportgericht in Rom bezüglich der Zukunft der angeklagten Vereine. Doch hat es den Mumm, gekürte Weltmeister in die zweite und dritte Liga zu befördern? Wohl kaum! Gefeierte Volkshelden werden sie sein, deren Vereinen man gerne die Schiebereien nachsieht. So das Kalkül der Intriganten. Muss man den Namen tatsächlich aufschreiben, den man hinter all dem vermuten könnte, den Besitzer eines der Topclubs, Großunternehmer und Dauergast der Gerichtsäle? Tief verwoben ist das Netz zwischen Politik, Wirtschaft, Medien und Sport in Italien – und ausgesprochen anfällig für Korruption.
Zu beweisen ist der Betrug bei der WM nicht, aber die Indizienkette ist derart lang - es kann sich nur um ein abgekartetes Spiel handeln. Ein Wunder, dass es erst hier aufgedeckt werden kann.
Wie man eine WM erschleicht
Die Vorrunde der Italiener – eine Farce. Die Ghanaer leicht zu schlagen, da musste man nicht einmal Geld fließen lassen, und wenn: Gebraucht wird es in diesem Land bestimmt. Im Spiel gegen die USA ging es drunter und drüber, doch am Ende reichte es nur zu einem Unentschieden – obwohl sich die Amerikaner mit zwei Platzverweisen redlich mühten, den Italienern noch die Chance eines Sieges zu überlassen. Beim letzten Vorrundenspiel ging es um alles, nach einer Niederlage wären die Italiener vermutlich ausgeschieden. Daher die umfassenden Vorsichtsmaßnahmen: Stürmergigant Koller im Vorfeld „verletzt“, Baros und Rosicky ungefährlich, Platzverweis für Polak und bis zum Schluss nur eine tschechische Offensivkraft auf dem Platz – so kann man gegen Italien nicht gewinnen.
Doch für die Ungereimtheiten dieser WM gibt es noch einen weiteren Schauplatz mit großer Bedeutung: die Gruppe G. Die Franzosen, klarer Gruppen-Favorit, spielten erbärmlich gegen die Schweiz und Südkorea. Fast so, als wären sie gar nicht da. Sie sollten, so kann man später sehen, weit hinter ihrem Potenzial auflaufen, denn, so die Verschwörung: Italien will Frankreich im Finale treffen. Warum? Der Grund ist simpel: Die Mafia um den Medienmogul kaufte Frankreich von Beginn an. Das Versprechen: Mit unserer Hilfe werdet ihr Vizeweltmeister. Gegen Brasilien gewinnen? Kein Problem: Wir waschen unser Geld ohnehin dort, den reich mit Titeln geschmückten Brasilianern kann man mit ein wenig Barem die Lust am Toreschießen schnell nehmen. Wer das Brasilien-Frankreich-Spiel gesehen hat, kann den Brasilianern kaum einen Siegeswillen unterstellen. Portugal schlagen? Schwer dezimiert von den um sich prügelnden Holländern (ein paar Adrenalinspritzen dürften gereicht haben) und angeschlagen von trittfesten Engländern, die solche Aufputscher kaum brauchen (siehe Rooney), hatten die Portugiesen im Halbfinale keine Chance.
Aber um den erkauften Franzosen erst im Finale zu begegnen, mussten die Italiener verhindern, auf sie schon im Viertelfinale zu treffen. Das ging nur, indem Les Bleus Gruppenzweiter wurden. Nach zwei Unentschieden, gegen – pardon – glückliche WM-Teilnehmer musste aber noch ein französischer Sieg gegen Togo her. Kein Problem: Deren Trainer Otto Pfister wurde einfach gegangen, die Mannschaft von Togo war nun tief gespalten und verlor deutlich gegen Frankreich.
Das gewünschte Resultat: Der Viertelfinalgegner der Italiener wurde ein Luschenteam: Schweiz oder Ukraine – das 3-0 gegen letztere, dazu bedurfte es keiner weiteren Hilfsmittel. Also mussten zuvor nur im Achtelfinale die munter spielenden Australier entfernt werden. Wie teuer ist ein unberechtigter Elfer in der Nachspielzeit? Weit billiger als ein Ersatzspieler in den Reihen des AC Mailand, möchte man ahnen. An Erfahrung im Elfmeterkauf mangelt es den Schiebern der Serie A jedenfalls nicht.
Italien stand also im ungefährdeten Halbfinale. Doch gegen die mutmaßlichen WM-Sieger Argentinien wollte man nicht antreten, lieber die Deutschen vorschicken. Also wurde der argentinische Trainer gekauft: Messi und Saviola, die Superstars der Argentinier aufstellen? Wozu, wenn man verlieren will! Sicherheitshalber wurde der Spielmacher Riquelme bei der 1-0-Führung gegen den Gastgeber ausgetauscht. Die Titelaspiranten brachen in sich zusammen, Deutschland bezwang Argentinien im Elfmeterschießen. Die Handnotiz, anhand derer sich Jens Lehmann während des Elfmeterschießens über die gegnerischen Schützen informiert, trägt sie nicht auch mafiöse Handschrift?
Eine Falle für Frings
Doch damit nicht genug, für das Halbfinalspiel gegen die Deutschen musste vorgesorgt werden. Direkt von der argentinischen Bank geschickt, also aus allernächster Trainernähe, trat der Argentinier Leandro Cufre den Deutschen Per Mertesacker vor dem Elfmeterschießen zu Boden. Einerseits um die deutsche Abwehr zu schwächen, andererseits um dem deutschen Mittelfeldhelden Torsten Frings eine Falle zu stellen: In einer provozierten Rudelbildung nach dem Spiel sollte er die Rolle des Unglücksraben ausfüllen.
Frings sollte für das nächste Spiel gesperrt werden wegen einer Attacke, an die sich anschließend nicht einmal der Attackierte selbst erinnern kann. Dafür um so mehr die italienischen Kameraeinstellungen: Sie weisen angeblich Frings einen nachträglich rotkartigen Faustschlag nach. Entdeckt und weitergereicht in die Gefilde der FIFA wurde dieser von den italienischen Medien, die maßgeblich wer besitzt?
Der Ausschluss Frings’ war Geschichte. Die italienischen Verschwörer haben ihr Ziel erreicht, zusammen mit ihren Schergen um den Fifa-Präsidenten Blatter, dem zu viel WM-Sieg-Sonnenschein auf seinen möglichen Thronfolger, den einzigen und wahren Kaiser, sehr missfallen hätte. Dies alles wegen Bildern, die die Welt nie gesehen hat. Was das Volk nachvollziehen durfte, war eine unscharfe Bewegung eines Arms (Frings’?) auf das Gesicht von Julio Cruz zu, nachdem dieser ihn offenbar geohrfeigt hatte. Fotos, die dazu im Internet zu sehen waren, haben eine Deutlichkeit vergleichbar mit Ufo-Aufnahmen der achtziger Jahre. Das reicht jedoch locker zur Sperre, wenn die Entscheidungsträger die gleichen Interessen verfolgen.
Italien also durfte ins Finale – um dort auf die erkauften Franzosen zu treffen. Von Zerwürfnissen und Affären geplagt, war diesen natürlich eine lang währende WM-Teilnahme recht, hielt sich doch solange die Aufmerksamkeit fern von den Zersetzungsprozessen der Elite. Die Clearstream-Affäre zeigt, dass die Franzosen auch außerhalb von Fair Play spielen können. Eine Vizeweltmeisterschaft kommt dem angeschlagenen Staatsoberhaupt und seinen zankenden Anwärtern gerade recht.
Man wird es im Finale sehen, wenn die Azzurri die Franzosen schlagen. Oder wird sich die französische Immigranten-Mannschaft gegen die mutmaßlichen geheimen Vereinbarungen auflehnen und heimlich gewinnen? Der französischen Politik-Oberschicht kann dies nur recht sein: Ein Sieg ist besser als keiner, einen italienischen Staatschef können sie nicht mehr verprellen, nur noch einen Medienmogul.
Mord von hinten
Ein Opfer hat der Skandal schon gefordert. Ein Informant, ein Mitwisser hatte sich aus Italien auf den Weg nach Deutschland gemacht, um uns vor dem Komplott zu warnen. Er wurde kaltblütig erschossen: Bruno, der Bär. Kein Opfer von bayrischen Gebirgsjägern, wie es uns verkauft wurde, sondern hinterrücks erschossen von Scharfschützen der Mafia, vertuscht von bayrischen Behörden. Hat Italien nicht seinen Leichnam gefordert, vermutlich, um die Spuren des Anschlags zu verwischen?
Es bleibt nicht mehr viel Zeit bis zum Finale, doch die Konsequenzen sind klar: Italien wird disqualifiziert, die Deutschen rücken ins Finale nach. Dort werden sie verdientermaßen Weltmeister gegen die nachplatzierten Spanier. Die Serie A wird aufgelöst, die wichtigsten Spieler in die Bundesliga strafversetzt. Bruno wird dank der neuesten Klon-Methoden zum Leben erweckt und ersetzt das unsägliche zottelige Viech, das manche „WM-Maskottchen“ nennen. Und der Kaiser wird endlich, was ihm gebührt: Herr der Fifa, unser aller Fußballgott!
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28 /
2006
ZEIT ONLINE