Folk

Sanfter Windhauch

Nina Nastasias Musik ist das genaue Gegenteil dessen, wofür Björk von ihren Fans geschätzt wird: Bei Nastasia schwingt nichts Artistisches in der Stimme, völlige Zurückhaltung gibt hier den Ton an. Oder auch nicht. Denn manchmal besteht ihre Kunst gerade darin, Töne auszusparen.

Von Martin Büsser

Ähnlich wie ihre fabelhaften Kolleginnen Julie Doiron und Diane Cluck hat Nina Nastasia im Studio auf allzu große Instrumentierung verzichtet. Neben der Akustikgitarre kommen allenfalls noch Klavier, Violine und Schlagzeug zum Einsatz, werden allerdings so dezent eingesetzt, als würde gerade mal Watte die Instrumente streifen. In diesem Zusammenhang wundert es nicht, dass Produzent Steve Albini an den Reglern mit einem Minimum an Einsatz für ein Maximum an Intensität gesorgt hat. Albini, der selbst in der Post-Punk-Band Schellac spielt und vor dessen Studio seit zwanzig Jahren sämtliche Noise-Bands Schlange stehen, weiß schließlich sehr genau, dass das Gegenteil von Lärm nicht Kitsch oder Weichspüler-Pop bedeuten muss, sondern beides eine ähnliche Intensität haben kann. "On Leaving" ist dabei ein geradezu konventionelles Folk-Album geworden, das weder die Trendvokabel "Antifolk" nötig hat noch irgendwelche schrägen Elemente einbauen muss, um auf sich aufmerksam zu machen. Das Verhaltene und Unauffällige macht die Souveränität dieser zwölf Nummern aus.

Nina Nastasia, "On Leaving" (Fat Cat Records / PIAS / Rough Trade)

Auch schön:

R’n’B für Fortgeschrittene - Dani Siciliano ist nichts für Klingeltöne

Es muss lauter gehen! - Alle Tonköpfe

Nach Hause - Zuender. Das Netzmagazin

33 / 2006
ZEIT online