Rock

Auf Achse

Eigentlich ist an dieser Platte ist alles falsch: Tom Petty ist ein alter Sack. Er schreibt zuckrige Melodien und spielt sie auf der Slide-Gitarre. Außerdem lässt er sich von Jeff Lynne produzieren, der weiland das schauderhafte Electric Light Orchestra erfand. Und ja: "Highway Companion" trägt auch noch seinen Titel zu Recht – es ist voll von Autofahrermusik.

Von Boris Fust

Denkt man an Tom Petty, sieht man bärtige Studienräte in einem Golf V, wie sie bei "Tank & Rast" auf der A2 in der Höhe von Gütersloh Station machen und sich heimlich eine Frikadelle aus gänzlich unbiologischem Fleisch reinschieben. Auf WDR 2 ist soeben das allmorgendliche "Zeitzeichen" gesendet worden, die Morgenschiene biegt sich schon verdächtig in Richtung "Mittagsmagazin", und sie spielen Tom Pettys neue Platte. Die liegt konstant bei 120 bpm und passt damit ganz hervorragend zum lärmschutzbedingten Tempolimit vor Bielefeld. Tom Petty schmeichelt dazu Bezügliches aus den serienmäßig eingebauten Billigboxen: "Turn this Car around", "This old Town" natürlich und "Night Driver", stimmungsvoll beleuchtet durch ein schummriges Rhodes-Piano.

Und doch: Tom Petty widersteht ausgesprochen hartnäckig jeglicher Modernisierung (und wenn es nur der Haarschnitt ist!) und verlässt sich auf die ewig gültigen Tugenden guten Songwritings: Es dürfen nur diejenigen Parts gespielt werden, die der Atmosphäre zuträglich sind, alles hat sich gefälligst auf den Blues zu beziehen, und Digitaltechnik ist sowieso der Anfang vom Ende. Dabei entstehen Stücke von durchaus ewiger Schönheit.

Eigentlich wäre "Highway Companion" ein schönes Anti-Hipness-Programm. Nur sind Polo-Hemden neuerdings ja auch wieder schwer im Kommen, und Lambchop und Scritti Politti machen im Grunde auch keinen großartig anderen Sound. Wollen wir mal hoffen, dass niemand Tom Petty wiederentdeckt und einem eines der letzten heimlichen Vergnügen raubt.

Tom Petty, "Highway Companion" (Atlantic / Warner)

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30 / 2006
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