Beziehung

Angst

beim kaffee umrühren schwoll dann die angst vor der möglichkeit, irgendwann mal könnte das einzig mögliche geräusch das seitenumschlagen der zeitung und das räuspern danach sein.

Der Sonntagstext von Antonia Baum

es haben sich getroffen zwei kompromisslose um auf sparflamme an ihrer übereinkunft zu köcheln. bitte verstehen sie, es war so nicht von anfang an gedacht. die flamme war hell und gesund, aber eben auch zart und leicht zu stören. es passierte beim kaffee kochen, vielleicht schon beim ersten. beim kaffee umrühren schwoll dann die angst vorm alleine sein zu zweit und der möglichkeit, irgendwann mal könnte das einzig mögliche geräusch das seitenumschlagen der zeitung und das räuspern danach sein. die angst beider vor dieser angst war groß und es wusste keiner so recht, was er sagen soll, also blieb man erst mal sitzen, harrte aus und besann sich der angst vorm alleine sein. beide, schlange und kaninchen zugleich saßen am tisch, guckten ängstlich und äußerten sich: "lass nur, ich mach schon und das finde ich auch". und so wollten beide abwechselnd beim aus höflichkeit zucker holen für den anderen in der küche sieben mal das gegenteil an die wand kotzen. mit angst im gesicht bot man danach dem anderen vorsichtig lächelnd das geholte an und fürchtete den prüfenden blick und die gewissheit, der andere sieht die angst und bekommt es mit der angst zu tun. so hat man also eine weile angst zusammen und arbeitet sich zum ende vor. und dann steht man da, den bitteren nachgeschmack vom letzten schluck des zusammen gekochten kaffees als pelz auf der zunge, angezogen schon, macht den obersten knopf der jacke wieder zu, nimmt den regenschirm, geht vor die tür, und ist endlich wieder allein alleine. man hatte es ja die ganze zeit schon befürchtet.


Antonia Baum wurde 1984 geboren und lebt in Berlin. Neben dem Germanistik- studium arbeitet sie für Print- und Onlinemedien.

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49 / 2007
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