BASKETBALLISTIK

Botschafter des schnellen Balles

In den zwanziger Jahren waren die Harlem Globetrotters die erste Basketball-Mannschaft, die schwarze Spieler zuließ – und eine kleine Revolution. Heute sind sie vor allem eine Showtruppe.

Von Elise Graton

In den achtziger und neunziger Jahren saßen Kinder auf der ganzen Welt samstagmorgens vor dem Fernseher und sahen die Harlem Globetrotter Show . In jeder neuen Episode der Zeichentrickserie reiste die Basketballmannschaft an einen anderen Ort, geriet dabei in einen lokalen Konflikt und schlichtete ihn durch ein Spiel. Die Gegner waren immer böse und unfair, die Harlem Globetrotters immer gut. Sie spielten chaotisch und witzig – und gewannen am Ende trotzdem jedes Spiel. Cooler ging es nicht.

Die Serie, die im Jahr 1970 im Studio von William Hanna und Joseph Barbera entstanden war, basierte auf realen Figuren: 1926 gründete der jüdische Unternehmer Abe Saperstein die Harlem Globetrotters , eine Basketballmannschaft, die auch schwarze Spieler auf den Court ließ. Saperstein war ein vehementer Gegner der damals in den USA herrschenden Rassentrennung, und seine Idee eine kleine Revolution – denn in den USA waren die Profi-Ligen bis in die fünfziger Jahre für Afroamerikaner gesperrt. Die Spieler aus Chicago revolutionierten mit ihrer unkonventionellen Spielweise somit nicht nur den Basketball, sondern auch die Denkweise der US-Amerikaner.

In ihren Anfängen kämpften die Harlem Globetrotters meist gegen schwache Mannschaften. Doch vor allem kämpften sie gegen Diskriminierung. Im Februar 1948 gewannen sie mit 61 zu 59 Punkten gegen die Minneapolis Lakers, das damalige Top-Team der National Basketball Association (NBA). Der Sieg gilt als Meilenstein in der Geschichte des Profi-Basketballs. Im folgenden Jahr wiederholten sie die Großtat. 1950 unterschrieb schließlich der Globetrotters-Spieler Nathaniel Clifton als erster Schwarzer einen Vertrag bei der NBA.

"Dass Afroamerikaner überhaupt bei professionellen Mannschaften mitspielen dürfen, ist unser bedeutendster Beitrag zum heutigen Basketball," sagt Robert Turner. Er ist Teil der jüngsten Generation der Harlem Globetrotters und sichtlich stolz darauf. Nach dem Auftritt der Mannschaft in der Berliner Max-Schmeling-Halle steht er im Durchgang zwischen Spielfeld und Umkleide. Stolz ist er nicht nur auf die politische Vergangenheit seiner Mannschaft: "Wir sind Teil einer Basketball-Tradition – weltweit. Spieltechniken wie zum Beispiel den Slam Dunk oder den Rückpass haben wir erfunden."

Wenn ihre Mannschaft sicher in Führung lag, zeigten die Harlem Globetrotters auf dem Spielfeld bis dahin nie gesehene Tricks: Sie ließen den Ball über die Arme rollen, passten Bälle in unerwartete Richtungen, dribbelten blitzschnell und trafen auch quer über den Platz zielsicher den Korb. Ihre Gegner verwirrte das – dem Publikum gefiel es. So fingen die Globetrotters an, die Tricks als festen Bestandteil in ihr Spiel einzubauen. In den vierziger und fünfziger Jahren perfektionierten Spieler wie Wilt Chamberlain , Reece Tatum oder Marques Haynes diese Techniken. Sie inspirierten spätere NBA-Größen wie Magic Johnson und Michael Jordan zu ihrem spektakulären Spielstil.

Zu wahren Globetrottern wurde das Team nach dem zweiten Weltkrieg. Man lud sie nach Mexiko, Westeuropa und Nordafrika ein. "Botschafter des guten Willens" taufte sie der US-Außenminister Dean Acheson, als das Team 1951 nach Berlin flog und vor 75.000 Zuschauern im Olympiastadion spielte. Es war die Zeit des Kalten Krieges. Die Show der Harlem Globetrotters sollte dem in Europa wachsenden Antiamerikanismus entgegenwirken.

Mittlerweile ist die NBA eine der wichtigsten amerikanischen Profi-Ligen, und schwarze Spieler sind nicht nur zugelassen, sondern dominieren die Mannschaften. Die Harlem Globetrotters sind heute kein politisches Symbol mehr, auch keine Sportmannschaft, sondern vor allem eine Showtruppe – Teil der riesigen US-Unterhaltungsindustrie. Und als "Botschafter des guten Willens" weiterhin die liebenswerte Geheimwaffe des US-Außenministeriums – zum Beispiel, wenn sie den amerikanischen Truppen im Irak etwas "home spirit" bringen. Von der Unangepasstheit der Anfangsjahre, als die Globetrotters gegen das politische Establishment spielten, ist nicht mehr viel übrig geblieben.

Im Jahr 2000 ernannten die Harlem Globetrotters den damaligen Papst Johannes Paul II zu ihrem siebten Ehrenmitglied. "Als Botschafter wollen wir natürlich alle guten Leute auf unserer Seite" sagt Robert Turner dazu. Auch George W. Bush? Robert Turner zuckt mit den Schultern und presst die Lippen zusammen. Seine Mimik ist schwer zu deuten. Ob sie ein Nein, ein Ja oder ein Unentschieden ausdrückt, bleibt sein Geheimnis.

Die Cartoonserie The Harlem Globetrotters Show war übrigens eine der ersten mit schwarzen Figuren in der Hauptrolle. Der Fernsehsender CBS zeigte sie zur besten Sendezeit im Kinderfernsehen. Dort brachte die Serie bis dahin unerreichte Einschaltquoten.

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13 / 2007
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