Selim Özdogan
Bilderbuch
Polizisten in Uniform dürfen in Deutschland kostenlos mit der Bahn fahren. Ich, ich würde ja eher zahlen, als so in den Zug zu steigen, aber dann wiederum würde ich wahrscheinlich sowieso keinen Beruf ausüben wollen, in dem man Uniform tragen muß.
Warum sollten sie es auch nicht nutzen, wenn es ihr gutes Recht ist. So wie dieser Polizist in seiner offiziell blauen Uniform, die für mich aber schwarz aussieht. Schwarzes Hemd, schwarze Hose, schwarze Schuhe und ein so genannter Einsatzgürtel, zum Zugfahren wahrscheinlich nicht unbedingt notwendig. Am Einsatzgürtel eine Pistole, mehrere kleine Taschen, in denen Messer und Handschellen sein mögen, an einer Vorrichtung sind schwarze Lederhandschuhe befestigt. Daß er sich ohne Knarre nur wie ein halber Mensch fühlt, könnte ich ja noch verstehen, aber die Handschuhe braucht er zum Zugfahren wirklich nicht, denke ich.
Sein Auftreten im Zug ruft keinen Respekt in mir hervor, auf der Straße hätte ich wahrscheinlich mehr Achtung. Noch während ich mir überlege, ob das so ist, weil er privat hier ist und nicht dienstlich und so eine Verkleidung privat einfach nur albern wirkt, klingelt sein Mobiltelefon. Privat und dienstlich mischen sich wieder und mir wir klar, daß sich Menschen unter Umständen mehr mit ihrem Beruf identifizieren und simpler ticken, als ich es wahr haben möchte. Man kann sich heutzutage ja ganz individuell über seinen Klingelton definieren und jeden an seinem Selbstbild teilhaben lassen. Das Telefon des Polizisten läutet mit einer Mundharmonikamelodie: Spiel mir das Lied vom Tod.
Auch wichtig:
Nicht besser oder schlechter, anders
- Wie im Literaturbetrieb
Mitsingen
- Es gibt so viele Dinge, die wir nicht brauchen. Dummerweise sind manche dieser Dinge bisweilen doch ganz hilfreich
Drüber reden?
- Dieser Artikel wird hier im Forum diskutiert
Nach Hause
- Zuender. Das Netzmagazin
99 /
2007
ZEIT ONLINE