Arbeit

Eine Art zu suchen

Schaffst du dieses Gespräch, kommst du eine Runde weiter. Am Ende wartet der Jackpot: ein Job. Ist das hier eine Casting-Show?

Die Kolumne von Selim Özdogan

Das Schicksal hat mich begünstigt, das ist mir meist auch inmitten meines größten Gezeters bewußt. Ich brauche niemand, der mir Arbeit gibt, wenn ich welche haben will, mache ich sie mir einfach selbst. Dass ich die getane Arbeit gerade nicht verkauft kriege und mir vorkomme als würde ich den Verlagen ranzige Butter anbieten, ändert nichts daran. Arbeit ist immer noch da und die geschriebenen Seiten verschwinden nicht, nur weil niemand dafür bezahlt.

Mir ist klar, dass die Arbeitswelt für die meisten anders funktioniert. Auch ich bin vor Jahren zu Vorstellungsgesprächen eingeladen worden, habe es aber nie geschafft einen Nebenjob in einem Büro zu ergattern. Mir ist klar, dass es wahrscheinlich noch schwerer ist, wenn man eine Vollzeitstelle haben möchte. Mir ist klar, dass die Situation heute komplizierter und schwieriger ist, als zu der Zeit, in der ich rasiert und duftend vor Menschen in Machtpostitionen saß. Sogar für Leute mit Qualifikationen, welche ich nie hatte und wahrscheinlich nie haben werde. Aber mir nicht klar, wie beschissen die Situation sein kann.

Mein guter Freund Markus hat drei Ausbildungen, Zimmermann, Theaterpädagoge und Erzieher. Als Zimmermann möchte er nicht mehr arbeiten und als Theaterpädagoge und Erzieher ist es nicht leicht etwas zu finden.

Nun hat er sich auf eine Stelle beworben, eine halbe, in einer öffentlichen Einrichtung. Die Antwort, die er bekommen hat, hat mich bass erstaunt.

Aufgrund der Vielzahl der Bewerbungen sei es nicht möglich, alle Bewerber einzeln einzuladen und man habe sich zu einem anderen Verfahren entschlossen. Es werden Gruppen zu fünf bis acht Personen gebildet, die zu einem gemeinsamen Gespräch eingeladen werden. Wer dabei erfolgreich ist, kommt weiter in die nächste Runde und erhält die Gelegenheit zu einem Einzelgespräch.

Dass viele es nicht mal zu den Gruppengesprächen geschafft haben, weiß Markus, da er einige Mitbewerber kennt.

Man will vielleicht Zeit sparen, ökonomisch und effizient arbeiten und was weiß ich. Möglicherweise ist das auch eine übliche Praxis, nur ich wusste es bisher noch nicht. Aber es kann nicht sein, denke ich. Es kann nicht sein, dass Bewerbungsverfahren funktionieren wie Castingshows. Wer kommt eine Runde weiter? Wer kann sich beim nächsten Durchgang immer noch behaupten? Wer sitzt in der Jury? Und welche Qualifikation haben die Juroren überhaupt? Und wieso wird man dieses Gefühl nicht los, dass hier eigentlich alle verscheißert werden?

Deutschland sucht den Supererzieher. Auch dich kann es treffen, wenn du genug Talent zur Selbstdarstellung hast. Was zählen da andere Qualitäten?

Den Fernseher kann man wenigstens ausstellen oder abschaffen, doch es scheint kein Entkommen zu geben. Die Suche nach Arbeit bekommt den gleichen Stellenwert wie der Drang nach Ruhm, Anerkennung und Reichtum. Es kann nicht sein. Aber ich kann es nicht ändern, sondern singe wieder mit Rodney Orpheus mit: You can change the world by talking to god and being right, but I ain't got the time, fuck the sash, give me a Kalashnikov.

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23 / 2007
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