Misstrauen

Ich lade euch ins Kino ein

Etwas zu verschenken ist gar nicht so einfach. Aber ich werde es weiter versuchen.

Die Kolumne von Selim Özdogan

Tom Liwa hat vor Jahren mal gesagt, dass er seinen Job nicht für Geld macht und wenn er finanziell abgesichert wäre, würde er seine CDs einfach an alle deutschen, österreichischen, schweizerischen Haushalte verschicken und wer sie nicht haben wolle, könne sie dann einfach wegwerfen. Ich mag die Idee, doch möglicherweise ist die Welt noch nicht bereit für so etwas.

Ein Einzelfahrschein kostet in Madrid einen Euro, eine Zehnerkarte sechs Euro vierzig. Ich war für vier Tage dort war, habe ich mir gleich eine Zehnerkarte gekauft, aber dann war das Wetter so schön, ich hatte Lust viel zu Fuß gehen und als ich an der Metrostation am Flughafen ausstieg, um zurückzufliegen, hatte ich noch vier Fahrten auf der Karte. Also habe ich mich an einen Fahrscheinautomanten gestellt und habe dem nächsten, der sich eine Fahrkarte kaufen wollte, uentgeltlich meine angeboten.

Er wollte sie nicht. Der nächste und übernächste und überübernächste wollten auch lieber Geld in den Schlitz stecken.

Ehrlich gesagt, war ich geknickt. Sehe ich aus wie jemand, der fiese Tricks drauf hat, um Leute über den Tisch zu ziehen? Warum vertraut mir niemand? Was an mir schreckt diese Menschen ab? Andererseits: Klar, du bist gerade in einem fremden Land angekommen, da lässt man sich nicht gleich vom erstbesten was andrehen.

Ich bin zum Schalter der Fluggesellschaft gegangen, habe mein Gepäck eingecheckt und überlegt, ob ich die Fahrkarte wegschmeißen soll oder als Souvenir behalten. Beides wollte ich nicht.

Also bin ich nochmal zurückgegangen zur Metrostation, ich wollte es wissen.

Die nächsten fünf Minuten, ich habe auf die Uhr gesehen, war ich damit beschäftigt, Menschen anzusprechen, die mir halbwegs sympathisch erschienen, junge, alte, Pärchen, Kleinfamilien, Alleinreisende, weiße, schwarze, gelbe und alles dazwischen. Schon nach neunzig Sekunden hatte ich das Gefühl ein Bittsteller zu sein, doch ich wollte nicht aufgeben. Ich fliege ab, die Karte kostet nichts, ich kann nichts mehr damit anfangen.

Schließlich hat ein Paar meine Fahrkarte angenommen, etwas ungläubig, aber sie haben sich immerhin bedankt.

Die nächsten Wochen werde ich mal die Leute in der Schlange hinter mir ins Kino einladen oder einem Fremden im Imbiss eine Tüte Pommes spendieren. Ich will keinen Dank, ich will nur wenigstens einigen mir unbekannten Menschen zeigen können, dass so etwas geht. Dass sich nicht alles hier um Geld dreht.

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22 / 2007
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