Hardcore

Bolzen und Bollern

Eine Art All-Star-Band lässt es ordentlich ballern und zeigt, dass nicht alles schlecht gespielt sein muss, was aus dem Umfeld der Sportfreunde Stiller kommt. Statt glattgebügeltem Emo/Screamo machen die Bolzplatz Heroes guten alten Hardcore

Boris Fust

Das hat man lange nicht mehr gehört: verzerrte Vocals, ratternde Double-Bass und markante Breaks. Zuletzt versuchten bis in die anbrechenden Neunziger hinein Bands wie Nomeansno oder Fugazi, den Punkrock endgültig ins Elitäre zu überdrehen. Wichtiger Glaubensgrundsatz: Hardcore ist in Wirklichkeit Jazz. Seit geraumer Zeit wird HC ausschließlich von New-School-Bands wie Boysetsfire veranstaltet, die anstelle bedingungsloser, aber gerichteter Aggression eine Kultur der Innerlichkeit gesetzt haben. Sämtliche Emo/Screamo-Acts gerieren sich wie alerte Rocker, denen Tightness über alles geht. Ausgerechnet aus Bayern kommt nun eine Band, die dankenswerterweise die Roots des Musikstils in Erinnerung ruft. Die Bolzplatz-Heroes sind ein Projekt von Flo, der es als Schlagzeuger der Sportfreunde Stiller zu gewissem Ruhm gebracht hat. Das Trommeln überlässt er aus Gründen der mangelnden Einfachheit der Parts Mecki von The Notwist, der einen in jeder Hinsicht guten Job macht. Ferner sind noch dabei Markus von Cosmic Casino und ein Jörg, der eigentlich Jazzer ist (na also!). Was bei den Sportfreunden ausgesprochen störend ist, wirkt sich bei den Bolzplatz Heroes positiv aus: Der Hang zum Nicht-Perfekten bewahrt die Bolzplatz Heroes trotz hartem Sound vor Muskelprotzerei. Denn die gesamte Riege der New-School-HCler macht vom Look and Feel ja stets den Eindruck, als bestünde sie genau aus den Jungs, die einen in der Grundschule immer verkloppt haben. Bei den Bolzplatz Heroes darf man da ein besseres Gefühl haben.
Bolzplatz Heroes, "Bolzplatz Heroes" (Universal)

02 / 2006
© ZEIT ONLINE