KAVKA

Popetown

Markus Kavka putzt sich und denkt nach. Heute: Über Popetown, den Medienhype und wie es war, Sabine Christiansen zu spielen. Was lernen wir? "Wer sich ins Feuilleton begibt, kommt darin um."

"Sobald wir wissen, was wir tun, sagen wir’s euch." Das war mein abschließender Satz bei der vorgestrigen MTV-Spezialsendung zum Thema Popetown. Zuvor hatte ich mich in der Diskussionsrunde als ehemaliges KJG-Mitglied (Katholische Junge Gemeinde) geoutet, mit diesem den Umständen entsprechend abgewandelten Zitat aus Kapitel 23 des Lukasevangeliums tat ich mich wahrscheinlich endgültig als Kuschel-Christ hervor.

Eigentlich ist zum Thema Popetown jetzt alles geschrieben worden (vergl. stellvertretend auch den Artikel bei Zeit.de). Aber da diese Kolumne ja auch so ein bisschen Reserveblog mit der entsprechend persönlichen Note ist, will ich mal ein wenig davon erzählen, wie es für mich und meinen Arbeitgeber so war, Sabine Christiansen zu spielen. Für die, die’s nicht gesehen haben: MTV hat am Mittwoch die erste und bis dato einzig geplante Folge von Popetown ausgestrahlt, eingerahmt von einer Diskussion, an der teilnahmen:

- Dirk Tänzler, der Vorsitzende des Bundes der Deutschen Katholischen Jugend
- Joachim von Gottberg, Geschäftsführer der Freiwilligen Selbstkontrolle Fernsehen
- Johannes Vogel, Vorsitzender der Jungen Liberalen
- Smudo von den Fantastischen Vier
- Henry Gründel von den RTL Freitag Nacht News
- Michael Hanfeld von der FAZ und
- Christian Zabel vom Fernsehfestival Cologne Conference

Und nein, niemand von der Diözese München/Freising und auch niemand von der CSU, also den schärfsten Kritikern von Popetown. Die waren zwar eingeladen, wollten/konnten aber nicht kommen. "Eine Diskussion zu den Bedingungen und unter der Regie von MTV ist nicht akzeptabel", hieß es beispielsweise in der offiziellen Absage des erzbischöflichen Ordinariats in München. Schade, zumal im Vorfeld von einigen Maschinengewehren Gottes nicht zu knapp Salven abgefeuert wurden, die von Unterlassungserklärungen über angestrebte einstweilige Verfügungen bis hin zum Entzug der Sendelizenz reichten - Dinge also, die für eine hübsche Diskussion gesorgt hätten. Und so wurd’s dann halt recht muckelig. So richtig dagegen war eigentlich keiner der Diskussionsteilnehmer, einzig Dirk Tänzler würde die Serie nicht ausstrahlen, bei allen anderen war der Tenor: Viel (Weih-)Rauch um nichts. Natürlich wurde die Popetown-Debatte schon im Vorfeld auf eine Ebene gehievt, die weit übers Ziel hinaus schoss. Spätestens bei der Erwähnung der Mohammed-Karikaturen wurde ein Fass aufgemacht, das gerne den Deckel hätte behalten dürfen. Richtig ist, dass MTV mit der grenzwertigen "Lachen statt rumhängen" -Anzeigenkampagne heftig provozierte. Dass wir allerdings dann die Steilvorlagen aus München dankend annahmen, kann uns aus Marketing-Sicht keiner so richtig vorwerfen. Blöd wäre MTV gewesen, hätte man sie nicht verwertet. Und wie sagte Smudo in der Diskussion ganz treffend: "Die Kirche und die CSU erleiden in dieser Sache einen Imageschaden, MTV gewinnt dagegen." Aus München kommen nach wie vor Schimpf und Schande über Popetown, das Feuilleton hat sich mittlerweile auf Humorkritik eingeschworen. "Zu dumm und plump, um zu provozieren", liest man in dem Zusammenhang immer wieder. Herrje, oder: Wer sich ins Feuilleton begibt, kommt darin um. Ich verrate aber kein Geheimnis, wenn ich sage, dass sowohl Popetown als auch die Live-Diskussion drum herum nicht dafür gemacht wurden, sondern für unsere Zuschauer, die im Kern zwischen 14 und 19 Jahre alt sind und in ihrer Freizeit auch über so Sachen wie Jackass, South Park und die Simpsons lachen. Vor diesem Hintergrund halte ich dann die Humorbevormundung von oben für etwas unangebracht. Ich persönlich reiß mir bei Popetown vor Lachen auch nicht gerade ein Bein aus - aber deswegen verbieten?

Klar war die Sendung am Mittwoch nicht ein Feuerwerk der Emotionen, man muss sich aber schon immer wieder mal vor Augen führen, worüber wir hier eigentlich reden: Einen Comedy-Cartoon. Anfang nächster Woche wird bei MTV entschieden, ob die restlichen neun Folgen davon ausgestrahlt werden. Im Zusammenhang damit wäre es unangebracht gewesen, die Sendung mit dem Original-Bibel-Zitat "Herr, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun." zu beenden. Wissen wir nämlich schon.

04 / 2006
ZEIT ONLINE