Offline Scam

Tausche Sparbuch gegen Buch

Unseriöse Zuschuss-Verlage ködern Neu-Autoren mit Versprechen - und ziehen ihnen das Geld aus der Tasche. Ein Erfahrungsbericht.

Von Ronit Wolf

Auf Buchmessen reichen sie Pralinen auf Silber-Tabletts und säuseln dem Interessenten das Geld aus der Tasche – für den Traum vom eigenen Buch.  Immer wieder werden interessierten Autoren Angebote von sogenannten Druckkostenzuschuss-Verlage (DKZ) offeriert. Dabei handelt es sich um mittelständige Unternehmen im deutschsprachigen Raum, die ausschließlich "Neu-Autoren" umwerben.

Anna, die ihren Nachnamen lieber für sich behalten möchte, hat mit einem dieser Verage schlechte Erfahrungen gemacht. Sie ist Hausfrau und Mutter zweier Söhne. Anna hatte nie den Wunsch mit einem Buch berühmt zu werden - doch sie wollte ihre Geschichte mit anderen Müttern teilen. "Ich wollte meine Herzensgeschichte für mich und andere Frauen aufschreiben", sagt sie. "Damals wäre mein Kind fast gestorben, die Zeit im Krankenhaus, das Leben mit der Krankheit…eigentlich wollte ich nur Kraft geben und das möglichst vielen Müttern erzählen."

Sie sah keine andere Möglichkeit für eine adäquate Publikation. Das Buch ist– trotz dem Zeitalter der Internet-Veröffentlichungen und E-Books immer noch für viele das einzig seriöse Medium der Konservierung; es scheint - noch immer - für die Ewigkeit gemacht. Dass jemand aus ihrem Traum Geld schlagen würde, noch dazu auf ihre Kosten, das kam ihr nie in den Sinn.

Die Verlockung ist groß - auch bei Autoren, die die Schriftstellerei ambitionierter angehen als Anna und das ewige Hin-und-Her und die ewige Manuskript-Ablehnung leid sind.

Das Prozedere der DKZs folgt dabei oft demselben Muster:  Zuerst wird der Neu-Zugang umschwärmt. Nach der Prüfung werden eingereichte Werke als: "insgesamt sehr interessant und gut bearbeitet" bewertet. Die Lektoren erkennen immer das vermeintliche Potential und sind immer erfreut dem Kandidaten einen Platz in ihrem raren Verlagsprogramm einzuräumen.  Die mehreren Tausend Euro, die die Gesamtauflage kostet, muss am Ende der Schreiber zahlen. Doch damit halten sich diese Verlage bis zum Schluss bedeckt.

Als Anna ein solches Angebot bekam, fand sie sich in einem Dilemma wieder. "Das war natürlich der erste Verlag, der mir überhaupt antwortete", sagt sie. "Ansonsten hatte ich immer nur Ablehnungen. Aber dann sollte ich die Erstauflage von gerade mal 3000 Stück mit über 6000 Euro sponsern! Ich fand das irgendwie zu viel, andererseits war ich es meinem Kind und den Müttern schuldig."

Schwammige Rechtfertigungen zu den Erfolgen des Verlags, sollten Vertrauens-Bekundungen von zufriedenen Autoren – die leider keiner kennt - untermauern.  Zum Schluss wurden Polit-Prominenzen und C-Stars  aufgefahren, die dem Verlag  angeblich Vertrauen schenkten.

Bald nachdem Anna erstes Interesse geäußert hatte, änderte sich der Umgangston. "Bitte antworten Sie sofort, da ansonsten der Platz im raren Verlagsprogramm für sie verstreicht", hieß es in einem Briefen. Anna sah sich die Vertragsbestimmungen näher an: Ein Werbe-Trick dieser Verlage besteht darin, die versprochene Auflage in winzigen Teilauflagen zu veröffentlichen - das wird irgendwo als Fußnote erwähnt - doch wer ahnt, dass sich darauf ein Geschäftsmodell gründet?

 Dem Autor wird eine Auflage von z.B. 3000 gedruckten Exemplaren versprochen, die später in Teilauflagen von max. 50-100 Stück entstehen. Günstiger Digital-Druck macht es möglich, da müssen die teuren Offset-Druckmaschinen nicht angeworfen werden. Da meist kein Vertretersystem hinter dem Autor steht und die Veröffentlichung unter Ausschluss der Öffentlichkeit erfolgt, ist es schwierig allein eine minimale Auflage loszuwerden. Nach diesem provozierten Misserfolg wird nichts mehr nachgedruckt. Jedoch streicht der Verlag trotzdem das Geld des Autors ein – und die Arbeit des Verlags ist hier beendet.

Vertrieben – oder viel mehr: nicht vertrieben – wird das Buch größtenteils über den Verlag selbst.  Das heißt, es wird sich oft nicht die Mühe gemacht Bücher an Basissortimente und Großhändler wie libri oder KNV zu melden. Anna kontaktiert weitere Autoren und teilte Erfahrungen mit DKZ-Verlagen und Schreibern: Die Antworten waren ernüchternd.

Anna kontaktierte den Verlag und erkundigte sich nach diesen Unregelmäßigkeiten.  "Unsere Vertragsbedingungen sind eindeutig", antwortete ein Verlagsmitarbeiter. "Unser Verlag hat bis heute nur zahlreiche, erfolgreiche Autoren hervorgebracht, wenn Sie Ihre Mutmaßungen nicht einstellen werden wir Ihren Fall gerichtlich verfolgen…" Die Drohungn kam sehr schnell: entweder aus Angst oder schlechtem Gewissen. Und Anna wusste, dass sie ihr Manuskript lieber für sich behält. Beim Verlag hätte sich dafür ohnehin niemand interessiert.  

9 / 2009
ZEIT ONLINE