Jungwähler
Wie die Alten, nur jünger
Am Wochenende durften in Österreich zum ersten Mal auch 16-Jährige wählen. Die Rechtspopulisten wurden so stark wie nie. Gibt es einen Zusammenhang?
Im vorigen Jahr senkte Österreichs Regierung das Mindestwahlalter auf 16 Jahre. Ziel war es, die Parteien dazu zu bringen, sich mehr mit jungen Menschen zu beschäftigen. Was ist in der ersten Nationalratswahl nach dieser Reform herausgekommen? Fragen an den österreichischen Wissenschaftler Anton Pelinka
Zuender: Die rechtspopulistischen Parteien haben in Österreich mehr als 30 Prozent der Stimmen bekommen. Sind die Jungwähler schuld?
Anton Pelinka: Es gibt noch keine genauen Daten. Aber so pauschal würde ich das nicht sagen. Sicher ist, dass die FPÖ von einem bestimmten Typ Jungwähler profitiert hat – den weniger gebildeten Arbeitern nämlich. Und die Partei hat ein wesentlich jüngeres Wählerprofil als die beiden Volksparteien, die konservative ÖVP und die Sozialdemokraten.
Zuender: Liegt das am Wahlprogramm oder an der Ansprache (Archivlink)?
Anton Pelinka: Mit dem Programm hat das wenig zu tun, sondern mit Milieus. Und damit, dass die etablierten Parteien es immer weniger schaffen, politische Loyalität über Generationen weiterzugeben. Vereinfacht gesagt: Weil die so alt sind, sind alle anderen Parteien jung. Das gilt für die Grünen in Österreich zum Beispiel noch mehr als für die FPÖ, sie sind die Partei des jungen Bildungsbürgertums.
Zuender: Gibt es schon Zahlen zur Wahlbeteiligung der 16- bis 18jährigen?
Anton Pelinka: Noch nicht. Aber meine Hypothese ist, dass sie sich nicht so viel anders verhalten, als die Erwachsenen. Das heißt, ihre Wahlbeteiligung wird geringer sein, aber nicht dramatisch.
Zuender: Als das Mindestalter im vorigen Jahr gesenkt wurde, dachten die Politiker noch, die nächsten Wahlen würden erst 2010 stattfinden. Dann zerbrach die Koalition – für groß angelegte Programme zur Vorbereitung der Jungwähler blieb keine Zeit mehr...
Anton Pelinka: Ach, ich sehe das gelassen. Wer bereitet denn die über 80jährigen vor? Dass die Bürgerinnen und Bürger reif für die Demokratie sein müssten, ist eine Fiktion, auf welche die Demokratie angewiesen ist. Wenn man nachfragt, kommen Befunde heraus, die nachdenklich stimmen. Das ist für die jungen Menschen nicht anders, als in allen anderen Altersgruppen.
Zuender: Es ging vor allem um Programme zur politischen Bildung im Unterricht. Was halten Sie von der Idee, dass die Schulen dafür verantwortlich sein sollen?
Anton Pelinka: Das ist logisch, da über die Schulen definiert werden kann, was politische Bildung ist, welche Informationen die jungen Wählerinnen und Wähler über Politik brauchen. Andersfalls bliebe dies bestimmten Peer Groups, Parteien und Familientraditionen allein überlassen. Ich glaube, Schulen sind wichtig – sie sollten aber kein Monopol haben.
Zuender: Welche Rolle hat das Internet im Wahlkampf gespielt?
Anton Pelinka: Generationsspezifisch eine große. Je jünger das Publikum, desto wichtiger das Internet.
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2008
ZEIT ONLINE