Hochzeit (3)
Regenbogentorte
Wie gratuliert man einem Brautpaar, das nur aus Männern besteht? Mit Homo-Hochzeitskarten! Die schwule Hochzeitsindustrie boomt.
Seit 2001 dürfen schwule und lesbische Paare in Deutschland heiraten. Allein in Berlin wurden seitdem über 3.500 Homo-Ehen geschlossen, und mit der Zahl der Hochzeiten steigt auch die Zahl der Firmen, die diese Marktlücke erkennen. Schwule und Lesben brauchen schließlich auch Hochzeitskleider, Ringe, Torten, Einladungskärtchen – und vielleicht auch einen Hochzeitsplaner, der ihnen die Party und Zeremonie organisiert. Zuender hat einen Blick auf die boomende Branche geworfen.
Die Hochzeitsplaner
Professionelle Hochzeitsplaner übernehmen auf Wunsch die Organisation aller Details, von der Auswahl der Ringe bis zur Gästebetreuung. Den meisten ist dabei egal, ob hetero- oder homosexuell – hauptsache das Paar kann sich den oft nicht ganz billigen Service leisten. Und homosexuelle Paare, häufig kinderlose Doppelverdiener, sind da besonders attraktive Kunden. "Die Paare geben meist wesentlich mehr Geld für ihre Hochzeit aus", sagt Katja Kruse, Inhaberin der Hamburger Agentur "Gay Wedding".
Kruses Firma ist eine der wenigen in Deutschland, die sich ausschließlich auf so genannte "Gay Weddings" spezialisiert hat. Ihr geht es aber nicht darum, Vorurteile zu bedienen: "Dass gleichgeschlechtliche Paare anders heiraten als Heteropaare, ist ein Klischee", sagt Kruse. Homo-Hochzeiten hätten auch nicht mehr rosa Glitter als andere. Der Unterschied liege eher darin, dass Homo-Paare mehr auf Details achten, kreativer seien und häufig in einem größeren Rahmen feierten.
Die Zeremonie
In einer entscheidenden Hinsicht sind Schwule und Lesben Heteropaaren bei der Hochzeit nicht gleichgestellt: Sie dürfen nicht in der Kirche heiraten. Homosexuelle Paare, die sich eine feierliche Zeremonie jenseits des spröden Verpartnerungsaktes auf dem Standesamt wünschen, haben dadurch ein Problem. Die Marktlücke bedienen Anbieter von so genannten weltlichen Trauungen. Diese Menschen, häufig ehemalige Pfarrerinnen oder freie Theologen, planen gemeinsam mit dem Brautpaar eine persönliche Zeremonie. Bei dieser können dann zum Beispiel Eheversprechen gegeben und Ringe getauscht werden.
Blumen & Deko
Im Bereich Floristik wird in einem Punkt nach sexueller Orientierung differenziert: Lesbische Paare brauchen zwei passende Brautsträuße. Schwule Paare verwenden hingegen statt eines Brautstraußes oft einen oder zwei Brautmüttersträuße.
Komplizierter wird es bei der Tisch- und Tortendekoration. Der Online-Shop für Dekorationen Die Familienfeier listet "Tortenfiguren für die Regenbogen-Hochzeit" als eigene Sparte. Hier kann man zwei eng umschlungene Bräutigame ebenso bestellen wie das tanzende lesbische Brautpaar, wahlweise beide Varianten auch Mickey bzw. Minnie Mäuse.
Im Bereich der Motiv-Tischkarten liegt dagegen noch einiges im Argen: Bei den meisten Anbietern dominieren nach wie vor heterosexuelle Paarkonstellationen. Homosexuelle Paare stehen vor der Wahl, auf geschlechtsneutrale Symbole wie Tauben oder Glocken auszuweichen oder individuelle Karten gestalten zu lassen.
Einladungskarten
Etwas besser sieht es bei den Einladungskarten aus. In den USA hat der größte Karten-Hersteller Hallmark gerade Einladungen mit homosexuellen Motiven ins Sortiment genommen – nachdem mittlerweile zwei Bundesstaaten die Trauung von homosexuellen Paaren legalisiert haben. In Deutschland bietet zum Beispiel Kettcards spezielle Einladungskarten mit je zwei Bräuten beziehungsweise Bräutigamen.
Die Garderobe
Mittlerweile gibt es eine Reihe von Maßschneidereien, die individuelle Ausstattungen für homosexuelle Paare bieten - zum Beispiel für lesbische Paare den passenden weiß-roten Hosenanzug zum weiß-roten Brautkleid. Die Hamburger Kostümbildnerin Silke Hamann, die neben Heteropaaren drei bis vier homosexuelle Hochzeiten im Jahr ausstattet, bietet auch Alternativen zum klassischen Partnerlook. So arbeitet sie auf Wunsch sich gegenseitig ergänzende Wortspielereien oder Gedichte in die Ensembles: auf dem Kleid ‚Forever’, auf dem Anzug ‚Yours’.
Die Ringe
Einige Hersteller wissen die Kaufkraft homosexueller Kunden besonders zu schätzen. So sponsort die Schmuckfirma TeNo, die auch Partnerringe für Männer im Sortiment hat, unter anderem Wagen auf dem Christopher Street Day und gibt sich auch sonst schwulen- und lesbenfreundlich.
Das Programm
Auf Homo-Hochzeiten spezialisierte DJs oder Alleinunterhalter gibt es bisher in Deutschland nicht. Vielleicht, weil gute DJs ohnehin häufig schwul sind – der Markt ist somit schon optimal bedient. Auch bei den sonstigen gängigen Programmpunkten (klassisches Piano, Streichquartett, Feuerwerkseinlagen, Tanz-Shows) werden Homo-Hochzeiten von den gleichen Dienstleistern bespielt wie die Hetero-Feiern. Beliebt sind allerdings auch schwule Männer-Chöre wie Schola Chantorosa oder Travestie-Shows, sagt Katja Kruse von Gay Wedding.
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2008
ZEIT ONLINE