Generationen

Doch, wir sind eine Katastrophe

"Die Jugend von heute" sei nicht so schlimm wie alle sagen, schreibt Markus Kavka. Das stimmt, ist aber trotzdem falsch.

Nico antwortet

Wenn es überhaupt etwas gibt, das die jungen Menschen heute noch eint, dann ist es eine famose Ratlosigkeit. Woher die kommt?

Wir sind einem enormen Wettbewerbsdruck ausgesetzt. Das Leben im Jahr 2008 wird bestimmt von Losigkeiten: Ideenlosigkeit, Orientierungslosigkeit, Alternativlosigkeit und drohender Arbeitslosigkeit. Die Angst vor letzterer führt zu einer Art Bewusstlosigkeit: Wir sind vor lauter Sachzwängen nicht mehr in der Lage, unser eigenes Handeln zu reflektieren und kritisch zu hinterfragen.

In einer Welt, die nicht mehr begreifbar ist, da sich Prozesse global abspielen, nimmt auch die persönliche Sicherheit ab. Einen Job hat man noch lange nicht sicher, nur weil man gut ist. Der Sozialstaat scheint seine besten Tage hinter sich zu haben und gesellt sich damit zur parlamentarischen Demokratie, die dem hohen Entscheidungsdruck der Wirklichkeit anscheinend kaum noch gewachsen ist.

Von diesen Problemen eingeschüchtert, tut der heranwachsende Mensch fast alles, was von ihm verlangt wird.

Aber all diese Probleme kennen Vertreter der Jahrgänge 1960 bis 1980 ebenso wie die danach geborenen. Die Ratlosigkeit ist also kein Phänomen irgendeiner Generation, sondern das Problem der ganzen Gesellschaft.

Richtig ist daher die Erkenntnis, dass jede Gesellschaft „die Jugend“ bekommt, die sie verdient.

Falsch dagegen ist die Schlussfolgerung, dass es um diese Altersgruppe nicht schlimmer bestellt wäre, als um die vorigen. Die „Jugend von heute“ ist eine Katastrophe (und da schließe ich mich ein), weil die Gesellschaft es auch ist. Die Kombination aus Globalisierung, Rationalisierung und Digitalisierung hat eine Dynamik entwickelt, wie es sie in der Geschichte noch nicht gegeben hat.

Sie formt überwiegend ängstliche Duckmäuser ohne Selbstbewusstsein, die keine eigene Antwort auf die komplizierten Fragen der Gegenwart geben möchten, da sie sich immer weniger als Teil von ihr fühlen. Die Verantwortungsbereitschaft nimmt ab, es folgt der Rückzug ins Private.

Wenn man heute also auf die Jugend schimpft, ist das natürlich vereinfachend, ganz falsch ist es trotzdem nicht. Markus Kavkas Botschaft, dass alles schon irgendwie in Ordnung sei, klingt gut. Allein mir fehlt der Glaube.

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15 / 2008
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