Medienpolitik

Was unterscheidet den Kongo vom Irak?

Der Medienwissenschaftler Michael Haller erklärt, warum Konflikte genauso schnell aus den Nachrichten verschwinden wie sie aufgetaucht sind.

Fragen von Natascha Heinrich

Zeitungen und Fernsehsender haben zwei Wochen lang intensiv über die Proteste gegen das Regime in Birma berichtet. Inzwischen gibt es kaum mehr Nachrichten – obwohl die Junta noch immer an der Macht ist. Warum?

In Birma gelingt es dem Regime, fast alle Informationen zu blockieren.  Auch Handys werden beschlagnahmt. Es ist für Journalisten sehr schwierig, an neue Nachrichten zu gelangen. Das gelang ihnen erst dieser Tage wieder, als am Aufstand Beteiligte nach Thailand fliehen konnten. Wenn Birmaner dort mit Journalisten in Kontakt treten können, gibt es auch Nachrichten.

Birma ist ein Beispiel für Konflikte, die kurze Aufmerksamkeit bekommen und dann wieder vergessen werden.

Der tagesaktuelle Informationsjournalismus ist kurzlebig. Er reagiert wie ein Alarmsystem auf spektakuläre Ereignisse, in denen sich Konflikte äußern. Ist das Ereignis selbst vorbei, lässt auch die Berichterstattung nach.

Warum wird fast täglich über die Auseinandersetzungen im Irak berichtet?

Es gibt natürlich auch jenseits des Spektakulären einen Strauß von Kriterien, die den Wert einer Nachricht bestimmen. Medienwissenschaftler beschreiben diesen Mechanismus mit Hilfe der so genannten Nachrichtenwerte: Sind prominente Staaten oder Menschen betroffen? Findet das Ereignis in räumlicher Nähe zur Lebenswelt der Leser und Zuschauer statt? Wie stark weicht es von dem ab, was wir als normal empfinden? Hat es Folgen für uns in Mitteleuropa? Je mehr dieser Fragen mit Ja beantwortet werden können, um so höher ist der Nachrichtenwert eines Ereignisses. Ein Beispiel dafür sind Nachrichten über Vorgänge, die den Ölpreis betreffen. Diese bleiben immer wichtig.

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44 / 2007
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