Bibel TV

„Wissen, was gut ist und was schlecht“

Seit fünf Jahren ist Bibel TV in Deutschland auf Sendung. Nun soll eine weitere Station hinzukommen: [tru:] young television soll wie Bibel TV die christliche Botschaft vermitteln, sich aber an eine junge Zielgruppe richten. Warum und wozu, darüber haben wir mit Bernd Merz, der bei Bibel-TV für den Aufbau des Senders verantwortlich ist, gesprochen.

Fragen von Christian Bangel

Herr Merz, warum braucht es einen christlichen Jugendsender?

Weil junge Menschen im Fernsehen bisher zu kurz kommen. Jugendliche fragen nach dem Sinn des Lebens. Was einen tragen und halten kann.
Die evangelische Kirche hat Jugendfernsehen bisher Stefan Raab überlassen. Wir müssen es aber wagen, Jugendliche anzusprechen. Ohne kommerzielle Absichten, geleitet von der Frage: Was brauchen junge Menschen? Überall wird über die Bedeutung von Werten geredet. Wir wollen zeigen, um welche Werte es dabei geht.

Junge Menschen suchen nach moralischer Orientierung?

Natürlich. Die Frage ist, wie man die heute bekommen kann. Wir leben in einer unübersichtlichen Gesellschaft mit viel mehr Reizen als zu meiner Jugendzeit. Es gibt junge Menschen, die zu gewaltbereiten Islamisten wurden, weil sie unzufrieden mit ihrer Erziehung und Lebensweise waren. Das sind Alarmsignale. Wir dürfen diese Generation nicht allein lassen.

Was halten Sie denn von der Jugend von heute?

Sie hat eine hohe Medienkompetenz, ist aber oft Inhalten ausgesetzt, die die Menschenwürde verletzen. Viele, die in Problemgebieten aufwachsen, fühlen sich alleingelassen, obwohl sie nach außen Stärke zeigen. Einige nehmen Drogen oder versuchen sich an Extremen, finden aber auch nicht ihr Glück. Es gibt junge Menschen mit großartigen Träumen, die zu Individuen werden, weil sie vereinsamen. Andere finden keinen Job, obwohl sie 50 oder 60 Bewerbungen geschrieben haben.

Hilft einem moralische Orientierung, wenn man keinen Job findet?

Es geht manchmal um praktische Hilfe, manchmal ums Zuhören. Junge Menschen brauchen jemanden, bei dem sie sich auskotzen können. Jemanden, dem sie vertrauen. Darum kümmert sich die Gesellschaft zu wenig. Wir reden ständig über die Höhe der Jugendarbeitslosigkeit, aber nicht darüber, was das für den Einzelnen bedeutet.

Gibt es Gruppen, die sie besonders erreichen wollen?

Natürlich wollen wir zunächst an die christlichen Communitys, zum Beispiel aus dem Christlichen Verein Junger Menschen (CVJM), oder engagierte Kirchengemeinden.

Und außer denen?

Es wäre vermessen, jede Region und jeden Bildungsgrad erreichen zu wollen. Dennoch nutzt es nichts, nur die Frommen anzusprechen. Mittelfristig wollen wir all jene erreichen, die wissen wollen, was gut ist und was schlecht.

Stehen denn die Antworten nicht schon fest?

Wir sagen nicht, was richtig und was falsch ist. Das will auch kein Jugendlicher hören. Die Bibel macht Vorgaben, die man zusammenbringen muss mit den Bedingungen des realen Lebens.

Im Fernsehen müssen Sie auf Themen eingehen, die im jungen Alltag präsent sind. Wie gehen Sie mit Homosexualität um?

Wir wollen Plattform des Diskurses sein. Natürlich können wir bestimmte Themen nicht bringen, denn wir als wertorientierter Sender haben Grenzen. Im Rahmen der Jugendseelsorge wird sicher auch Homosexualität ein Thema sein. Man wird sehen, wie unterschiedlich Jugendliche zu diesem Thema stehen. Wir werden diskutieren, wie man unter Beachtung menschlichen Lebens damit umgehen kann.

Welche Kompromisse werden Sie auf der Plattform Fernsehen eingehen müssen?

Wir werden nicht alle alles sagen lassen können. Es ist anders als im realen Dialog in einer Jugendgruppe. Wir müssen persönliche Probleme transparent darstellen, ohne dass jemand sich selbst vorführt. Wir suchen noch nach der Lösung für dieses Problem.

Das Fernsehen ist ohnehin kein Medium des Dialogs.

Wir werden kein reines Programmfernsehen machen. Wir brauchen die Teilnahme der Zuschauer. Dazu soll auch unsere Internetplattform dienen. Die Besucher sollen dort nicht nur chatten, sondern auch Videos hochladen können.

Werden Sie Beiträge filtern?

Jede Netz-Community hat Richtlinien, was sie erlaubt und was nicht. Wir sind kein Offener Kanal. Wir werden inhaltliche und qualitative Kriterien anlegen. Wir möchten keine Userfilme, in denen Oma die Treppe runtergeschubst wird. So was wie MTVs Scare Tactics wird es bei uns nicht geben. Wir möchten solchen Angeboten etwas entgegensetzen, das genauso interessant ist, ohne andere in Angst und Schrecken zu versetzen.

Spricht ihr Sender eigentlich auch junge Muslime an?

Natürlich freuen wir uns, wenn muslimische Jugendliche unsere Rockmusik mögen. Umgekehrt ist es auch denkbar, dass ein freiheitlicher Islam auch christliche Jugendliche anspricht. Die Grenzen verlaufen nicht zwischen Islam und Christentum, sondern zwischen den Ansichten zu Freiheit, Menschenwürde und Gleichberechtigung.

Würden Sie sich auch für einen muslimischen Jugendsender aussprechen?

Es ist gut, wenn muslimische Gläubige etwas für Jugendliche unternehmen. Wichtig ist, dass keine Parallelgesellschaften entstehen. Dieses Land ist von der christlich-jüdischen Tradition geprägt. Wir haben Konflikte miteinander. Mir muss man erklären, warum eine Frau in dieser Religion ein geringere Rolle als ein Mann spielt. Meine Religion schließt ein, dass ich Menschen anderer Religionen achte. Ich habe ein Problem damit, wenn andere meine Religion als minderwertig einordnen.

Sie würden einen muslimischen Jugendsender nicht vorbehaltlos unterstützen?

Ich mache einen christlichen Sender. Ich muss darüber nicht entscheiden.

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43 / 2007
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