Musikgeschichte

Der Anti-Akademiker

Die Band Fink gibt es nicht mehr, aber ihr ehemaliger Sänger Nils Koppruch ist noch da. Ulf Meinusch hat den Musiker und Maler in seinem Atelier auf St. Pauli besucht

Zehn Jahre lang war Nils Koppruch die Stimme von Fink , einer Band, von der man sagte, das Hören ihrer Alben mache Lust auf ein gutes Gespräch – oder eine deftige Prügelei. Über sieben Platten hinweg arbeitete er sich durch deutschsprachige und dennoch tanzbare Country-Musik, durch Soul und Bossa. Bekannt wurde die Band dabei nie. Nur dadurch aber konnte die Frage "Kennst du Fink ?" über Jahre als Code für "Bist du gut?" dienen. Fink zu mögen bedeutete, dass man über die gleichen Dinge lachte, etwas gemeinsam hatte.

Jetzt ist das vorbei. Würde es Fink noch geben, wenn sie mehr Platten verkauft hätten? Auf diese Frage zündet Koppruch sich erst mal eine Zigarette an, seine Stirn legt sich in Falten. "Möglich ist das", sagt er, aber das Ende habe nicht in erster Linie damit zu tun. Während er das sagt, ist von der typischen Koppruchschen Verschmitztheit nichts zu sehen. "Zur Band-Arbeit, wie ich sie mir vorstelle, gehören anstrengende und unangenehme Auseinandersetzungen. Ich hatte keine Lust mehr, die zu führen." Er sei froh, dem Harfespieler nicht mehr erklären zu müssen, "dass in den nächsten drei Stücken das Harfespiel nicht erwünscht ist." Er lacht dabei. Ihm sei wichtiger, zu seinen eigenen Bedingungen zu arbeiten, als erfolgreich zu sein. Künstlerischer Erfolg sei nicht identisch mit kommerziellem Erfolg. "Ich respektiere auch Leute, die sich am Markt orientieren. Aber ehrlich gesagt wäre mir meine Zeit dafür zu schade. Und wahrscheinlich bin ich inzwischen auch zu alt dafür."

Als ihm klar war, dass es mit Fink nicht weitergeht, hat Koppruch nachgedacht. Über sich, das Musikersein, die Tourneen. "Die Motivation, ständig wie auf Klassenfahrt unterwegs zu sein, sich abends zu besaufen, die schwindet irgendwann." Da stelle sich die Frage ganz neu, ob man wirklich noch Musiker sein wolle. Koppruch hat sich dazu entschlossen, weiterzumachen. "Den Teufel will ich tun, allein, wenn nötig", singt er im Titelstück seines neuen Solo-Albums. Er hat den Denkprozess genutzt, um grundsätzliche Fragen zu beantworten. Fragen wie: Was will ich eigentlich sagen?

Denn für deutsch singende Musiker, glaubt Koppruch, gibt es ein grundsätzliches Problem: Es ist schwer, sich auf etwas zu beziehen, weil es in der Unterhaltungsmusik keine Tradition gibt. "Alles, was es da mal gab, ist von den Nazis verboten und vernichtet worden. Davon hat sich die Musik in Deutschland nicht wieder erholt." Vielleicht, habe er sich bei den Aufnahmen manchmal gedacht, sei er ja dabei, so etwas wie eine eigene Folktradition zu entwickeln. "Ich will keine elitäre Musik machen. Ich möchte antiakademisch sein, jeder soll es verstehen." Und so geht er seiner künstlerischen Pflicht nach, seine Sicht der Dinge zu formulieren und sie in ein passendes musikalisches Gewand zu verpacken. Und warum das alles? Die Antwort gibt Koppruch, der Dramaturgie seiner Platte folgend, im letzten Lied: "Niemand sonst singt dein Lied, da ist keiner der´s macht."

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16 / 2007
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