Hip-Hop und Politik
"Wählen ändert nichts"
Jurassic 5 machen sozial verantwortlichen Hip Hop. Für Politik interessieren sie sich nicht, und an die amerikanische Demokratie glauben sie schon gar nicht. Ein Interview mit den MCs Akil und Mark 7even
"Wie, du wählst nicht?" "Nein, ich…" "Habt ihr nicht bei den letzten Präsidentschaftswahlen ein Konzert für John Kerry gegeben?" Akil winkt ab. "Das war ein Gefallen, um den man uns gebeten hat. Aber wir spielten nicht für die Demokraten, sondern für den Wandel." "Mark, wählst du?" Akils Kollege sieht von seinem Blackberry hoch. "Nein." "Warum?" "Ich wusste von Anfang an, dass es nichts ändern würde. Dieselben Marionetten, dieselbe Maschine, dieselben Dollars "
Jurassic 5 sind in Barcelona. Wenn du wissen willst, wie sympathisch Jurassic 5, wie gut ihre Songs und Konzerte sind, suche woanders. Wir sprechen mit Akil und Mark über Politik. Denn sie sprechen für die Schwarzen in den USA, sagen sie. Und für die sei Wählen eh Zeitverschwendung.
"Wäre Kerry im Irak einmarschiert?" Mark schiebt herausfordernd sein Kinn nach vorne. "Ja, die Agenda war da. Auch er war Mitglied bei Skull and Bones (eine Verbindung von Yale-Studenten, der George Bush angehörte)." Er steht auf Verschwörungstheorien. Akil rutscht unruhig hin und her. "Die amerikanischen Petrol-Dollars waren in Gefahr. Und überhaupt, wenn ich gewählt hätte, als Bush ins Amt kam, hätte das irgendwas geändert?" "Kommt darauf an, wo du gewählt hättest," behaupte ich. Plötzlich brausen beide auf. "Stimmt nicht!" Zum ersten Mal schlägt die Stimmung um. Mark erhebt die Stimme: "Sie haben die Wahl gestohlen!"
Pause. Sie beruhigen sich wieder.
Eben noch haben Mark und Akil von der sozialen Verantwortung des Hip Hop gesprochen, die mit der Macht kommt, zu tausenden Menschen sprechen zu können. "Die Botschaft ist wichtig. Wir sprechen über relevante Themen, mit denen sich die Menschen identifizieren können." Mit "die Menschen" meinen sie hauptsächlich unterprivilegierte Afro-Amerikaner.
"Es wäre cool, wenn jeder schwarze Musiker erzählen würde, was in der Welt passiert, zum Beispiel in Ruanda." "Grandmaster Flash redete darüber, was in der Gesellschaft los war. "Dank Hip Hop weiß heute jeder über Rassimus und Gangs Bescheid und dass die Polizei schwarze Kids verprügelt." "Du kannst auch einfach über dein Auto rappen. Das ist deine Entscheidung…" Aber sie finden das ziemlich scheisse. Vor allem, weil die Kids denken, dass das Hip Hop und Egoismus cool sei.
Und trotzdem wollen sie sich nicht politisch engagieren?
Akil fährt fort: "Seit ich geboren wurde, hat kein Präsident die Afro-Amerikaner vertreten." "Aber wenn du nicht wählst, wie willst du dann etwas verändern?" "Ich mache Musik." Mark schnaubt verächtlich. "Jeder, der glaubt, man könnte durch Wählen etwas ändern, ist ein Dummkopf."
Akil zuckt mit den Schultern. "Soziale Werte haben nichts mit politischen zu tun. Soll ich moralisch wählen, für oder gegen die Homo-Ehe?" Er lacht. Nicht verächtlich, sondern als fände er die Idee lustig. "Die politische Agenda der Schwarzen in den USA ist im Arsch. Wir müssen akzeptieren, was Amerika uns aufzwingt."
Denkmuster ändern, das wär’s! Alle vier MCs von Jurassic 5 konvertierten zum Islam, Akil schon 1988. "Wegen Hip Hop," erklärt er. Und wegen seinen Wurzeln. "Viele Schwarze kamen aus Westafrika, und das ist hauptsächlich muslimisch. Ich bin nur meiner Geschichte gefolgt. Der Islam umfasst alle Menschen, er ist nicht so rassistisch wie das Christentum. Sklaven wurden mit Gewalt zum Christentum konvertiert, aber nie akzeptiert. Ich wollte kein Christ mehr sein."
Was ist mit der Toleranz? Die ist ihnen doch so wichtig. Oder wird der Islam ganz falsch dargestellt? "Es geht im Islam um die Menschheit, nicht nur um Araber. Die Sache mit den Frauen zum Beispiel ist kulturell bedingt. Außerdem sind Araber die kleinste islamische Volksgruppe." Mark nickt ernst. "Ich fühle mich von Muslimen akzeptiert."
"Ich bin ein Fan Malcolm X und den Black Panthers" gibt Akil zu. So klingt auch sein politisches Programm. "Wir wurden gekidnappt, dieses Verbrechen wurde in den USA nie angesprochen. Unsere Vorfahren haben dieses Land mit aufgebaut, vom Wohlstand haben wir kaum etwas. Das muss sich ändern."
Stünde das zur Wahl, Jurassic 5 würden dafür stimmen.
"Wie, du wählst nicht?" "Nein, ich…" "Habt ihr nicht bei den letzten Präsidentschaftswahlen ein Konzert für John Kerry gegeben?" Akil winkt ab. "Das war ein Gefallen, um den man uns gebeten hat. Aber wir spielten nicht für die Demokraten, sondern für den Wandel." "Mark, wählst du?" Akils Kollege sieht von seinem Blackberry hoch. "Nein." "Warum?" "Ich wusste von Anfang an, dass es nichts ändern würde. Dieselben Marionetten, dieselbe Maschine, dieselben Dollars "
Jurassic 5 sind in Barcelona. Wenn du wissen willst, wie sympathisch Jurassic 5, wie gut ihre Songs und Konzerte sind, suche woanders. Wir sprechen mit Akil und Mark über Politik. Denn sie sprechen für die Schwarzen in den USA, sagen sie. Und für die sei Wählen eh Zeitverschwendung.
"Wäre Kerry im Irak einmarschiert?" Mark schiebt herausfordernd sein Kinn nach vorne. "Ja, die Agenda war da. Auch er war Mitglied bei Skull and Bones (eine Verbindung von Yale-Studenten, der George Bush angehörte)." Er steht auf Verschwörungstheorien. Akil rutscht unruhig hin und her. "Die amerikanischen Petrol-Dollars waren in Gefahr. Und überhaupt, wenn ich gewählt hätte, als Bush ins Amt kam, hätte das irgendwas geändert?" "Kommt darauf an, wo du gewählt hättest," behaupte ich. Plötzlich brausen beide auf. "Stimmt nicht!" Zum ersten Mal schlägt die Stimmung um. Mark erhebt die Stimme: "Sie haben die Wahl gestohlen!"
Pause. Sie beruhigen sich wieder.
Eben noch haben Mark und Akil von der sozialen Verantwortung des Hip Hop gesprochen, die mit der Macht kommt, zu tausenden Menschen sprechen zu können. "Die Botschaft ist wichtig. Wir sprechen über relevante Themen, mit denen sich die Menschen identifizieren können." Mit "die Menschen" meinen sie hauptsächlich unterprivilegierte Afro-Amerikaner.
"Es wäre cool, wenn jeder schwarze Musiker erzählen würde, was in der Welt passiert, zum Beispiel in Ruanda." "Grandmaster Flash redete darüber, was in der Gesellschaft los war. "Dank Hip Hop weiß heute jeder über Rassimus und Gangs Bescheid und dass die Polizei schwarze Kids verprügelt." "Du kannst auch einfach über dein Auto rappen. Das ist deine Entscheidung…" Aber sie finden das ziemlich scheisse. Vor allem, weil die Kids denken, dass das Hip Hop und Egoismus cool sei.
Und trotzdem wollen sie sich nicht politisch engagieren?
Akil fährt fort: "Seit ich geboren wurde, hat kein Präsident die Afro-Amerikaner vertreten." "Aber wenn du nicht wählst, wie willst du dann etwas verändern?" "Ich mache Musik." Mark schnaubt verächtlich. "Jeder, der glaubt, man könnte durch Wählen etwas ändern, ist ein Dummkopf."
Akil zuckt mit den Schultern. "Soziale Werte haben nichts mit politischen zu tun. Soll ich moralisch wählen, für oder gegen die Homo-Ehe?" Er lacht. Nicht verächtlich, sondern als fände er die Idee lustig. "Die politische Agenda der Schwarzen in den USA ist im Arsch. Wir müssen akzeptieren, was Amerika uns aufzwingt."
Denkmuster ändern, das wär’s! Alle vier MCs von Jurassic 5 konvertierten zum Islam, Akil schon 1988. "Wegen Hip Hop," erklärt er. Und wegen seinen Wurzeln. "Viele Schwarze kamen aus Westafrika, und das ist hauptsächlich muslimisch. Ich bin nur meiner Geschichte gefolgt. Der Islam umfasst alle Menschen, er ist nicht so rassistisch wie das Christentum. Sklaven wurden mit Gewalt zum Christentum konvertiert, aber nie akzeptiert. Ich wollte kein Christ mehr sein."
Was ist mit der Toleranz? Die ist ihnen doch so wichtig. Oder wird der Islam ganz falsch dargestellt? "Es geht im Islam um die Menschheit, nicht nur um Araber. Die Sache mit den Frauen zum Beispiel ist kulturell bedingt. Außerdem sind Araber die kleinste islamische Volksgruppe." Mark nickt ernst. "Ich fühle mich von Muslimen akzeptiert."
"Ich bin ein Fan Malcolm X und den Black Panthers" gibt Akil zu. So klingt auch sein politisches Programm. "Wir wurden gekidnappt, dieses Verbrechen wurde in den USA nie angesprochen. Unsere Vorfahren haben dieses Land mit aufgebaut, vom Wohlstand haben wir kaum etwas. Das muss sich ändern."
Stünde das zur Wahl, Jurassic 5 würden dafür stimmen.
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45 /
2006
ZEIT online