TIERHOCHZEIT

Marry your pet!

Die "Universal Life church" in den USA kämpft dafür, dass jeder heiraten kann, wen er will. Egal, ob Mann, Frau, Hund oder Tarantel. Und die Menschen nehmen das ernst.

Von Isabel Exner

Markus und Thomas haben sich vor 12 Jahren in North Holland(wo? welcher Bundesstaat?) kennen gelernt. Markus sagt, es war Liebe auf den ersten Blick. Im nächsten Zug nahm er Thomas mit nach Hause. Seitdem leben sie zusammen, im letzten Sommer haben sie endlich geheiratet. Markus ist 36 und ein Homo sapiens, Thomas ist eine Katze. Wer denkt, das kann nicht sein, hat sich getäuscht. "Marry your pet" heißt die Initiative, die in diesem Jahr in einer Bar in Baltimore, USA ihren Ausgang nahm. Ein christlicher Pfarrer traut dort Herrchen mit Kätzchen, Hündchen mit Frauchen oder Mann mit Tarantel.

Die "Universal Life Church", auf deren Konto die Trauungen gehen, hat die Gleichberechtigung der Tierwelt zu ihrer Sache gemacht. Sie fordert zum Beispiel mit Hilfe rührseliger Bilder von Schafen und Kühen zum radikalen Vegetarismus auf. Die Hochzeitsinitiative entstand zwar angeblich unter Alkoholeinfluss und der Bund der Ehe zwischen Mensch und Tier hat vor dem Gesetz keine Gültigkeit. Die große Nachfrage jedoch könnte der Beweis dafür sein, dass es die Heiratswilligen ernst meinen. Sentimentale Geschichten, die auf der Website "www.marryyourpet.com" zum Besten gegeben werden, zeugen von realen Bedürfnissen und wenig Selbstironie. "Ich wollte wenigstens einmal in meinem Leben heiraten", erläutert eine Hundebesitzerin das Motiv für die Hochzeit mit ihrem Joey. Eine andere Frischvermählte fand sich durch ihren Kater von einer schlimmen Beziehung erlöst: "Ich habe gemerkt, dass er immer ganz empört war, wenn ich mich mit meinem Ex-Freund traf. Er hat mir geholfen, diesen ekelhaften Typen zu vergessen."

In vielen der Love-Stories scheint das Motiv für die Tierleidenschaft offensichtlich: Enttäuschung über frühere Beziehungen mit Menschen. Der animalische Ehepartner wird dann einem Menschen als glänzendes moralisches Beispiel gegenübergestellt. Über die Beziehung zu einem Hamster: "Ich hatte so viel Liebe zu vergeben! Aber kein Mann hat je zu mir gesagt, dass er mich liebt oder dass ich toll bin. Als ich die Männer aufgab, wurde ich einsam und kaufte Jakob, einen grauen Hamster. Er ist sehr fit und trainiert täglich im Laufrad. Er ist stark und hat einen tollen Körper. Er hat mir so viel Liebe gegeben, wie kein Mann sie mir je geben wird. Sagen kann er das zwar nicht, aber ich weiß dass er so fühlt. Er findet mich schön und wundervoll. Er liebt mich und ich liebe ihn." Sind Haustiere also die perfekten Lebenspartner?. Zumindest ist es leichter, das Tier vor den Altar zu zerren, weil es sich kaufen lässt und nicht Nein sagen kann. Das Schoßhündchen dient als vermeintlicher Ersatz für menschliche Beziehungen. Oft kommt hinzu, dass ein Tier als stumme Projektionsfläche der eigenen Gefühle dient. Ein Mann über seinen Ehepartner, einen Hund: "Timmy ist ein Einsiedler, so wie ich. Wir gehen gern spazieren und mögen das gleiche Essen. An heißen Sommertagen trinkt er sogar ganz gern mal ein Bier mit mir. Wir reden nicht viel, laufen meist nur schweigend nebeneinander her. Wir wissen einfach, was der andere fühlt."

Tiere können offene Wünsche erfüllen und kompensieren, was einem selbst und anderen Menschen fehlt. Hunde werden wegen ihrer "Loyalität, ihrer unbedingten Liebe und ihrem absoluten Gehorsam" geliebt und auch weil sie "pflegeleicht und immer um einen herum sind". Sie überzeugen vor allem durch Unterwerfung: "Seine großen Augen schauen zu mir auf. Ich liebe ihn." Katzen, Delphine und Pferde, die gleich danach in der Rangliste der Lieblingstiere folgen, befriedigen dagegen ganz andere Bedürfnisse. Sie dienen als Prototypen für den idealen Freund, der alle Charaktereigenschaften besitzt, die man an sich selbst vermisst. Die Botschaft ist klar: Der Mensch ist genauso ehrenhaft wie das Tier. "Ich liebe Katzen weil sie unabhängig und intelligent sind, und weil ich ihre Art sich zu bewegen mag. Ich liebe Delphine weil sie graziös, schön und clever sind."

Die Bedeutung der Tier-Ehen reicht über die Privatsphäre hinaus und scheint mehr zu sein als ein Dokument gescheiterter menschlicher Beziehungen. In den USA nämlich werden Tierhochzeiten derzeit allen Ernstes in die aktuelle politische Diskussion um die Rechte von Minderheiten einbezogen. Die Forderung "dass jeder heiraten können soll, wen er liebt" wird auch von den Befürwortern der Homo-Ehe vorgebracht. Dagegen zieht die konservativ-religiöse Rechte in Amerika erbittert zu Felde. Die Tier-Ehe wird nicht nur als absurde Verirrung begriffen, sondern als Argument gegen die Homo-Ehe eingesetzt. Dieser absurde Vergleich sollte Anlass genug für die Konservativen sein, die eigenen Werte einmal gründlich zu überdenken.

39 / 2006
ZEIT ONLINE