9-11 in London
Was von der Bar blieb
Mark, Anna und Gilles sitzen in einem Pub. Jeder hat eine andere Geschichte zum 11. September zu erzählen. Geschichten von einem Abend, einer Blume, einer Cocktailrechnung.
"Three Pints of Guiness, please." Mark balanciert die übervollen Gläser zu seinen Freunden, die an einem Tisch in der Ecke des Pubs sitzen. Im Hintergrund läuft ein Fernseher. Der Sender berichtet zum Jahrestag über die Anschläge des 11. September 2001. Mark stellt das Bier ab. Seine Freunde beginnen zu erzählen.
Anna war noch nie in New York. Als 2001 die Flugzeuge in die Twin Towers stürzten, studierte sie in Edinburgh. Doch auch Anna hat Terroranschläge erlebt - letztes Jahr im Sommer. Wenn Anna an den 11. September 2001 denkt, dann stellt sie sich vor, dass es in New York ähnlich gewesen sein muss, wie am 7. Juli 2005 im London: "Es war unfassbar schrecklich und unglaublich schön." Sie stockt, wenn sie das sagt, weil man so etwas eigentlich nicht sagen darf.
Doch als Anna am Abend nach den Londoner Anschlägen das Büro verließ, war alles anders als sonst. Die Pubs waren überfüllt. Die U-Bahn fuhr nicht mehr und alle, die sonst nach Feierabend unsichtbar werden, belebten plötzlich die Stadt. Die Straßen waren voller Menschen, die nicht nach Hause gingen, weil sie mit ihrer Verwirrung und Angst nicht allein sein wollten. Noch einmal kommt Anna ins Stocken. Dann sagt sie: "Es war wirklich ein furchtbar schöner Abend, weil die Menschen in dieser Stadt zum ersten und vielleicht einzigen Mal wirklich miteinander geredet haben."
Doch als Anna am Abend nach den Londoner Anschlägen das Büro verließ, war alles anders als sonst. Die Pubs waren überfüllt. Die U-Bahn fuhr nicht mehr und alle, die sonst nach Feierabend unsichtbar werden, belebten plötzlich die Stadt. Die Straßen waren voller Menschen, die nicht nach Hause gingen, weil sie mit ihrer Verwirrung und Angst nicht allein sein wollten. Noch einmal kommt Anna ins Stocken. Dann sagt sie: "Es war wirklich ein furchtbar schöner Abend, weil die Menschen in dieser Stadt zum ersten und vielleicht einzigen Mal wirklich miteinander geredet haben."
Auch Gilly war noch nie in New York. Wenn sie an den 11. September denkt, dann denkt sie an eine Blume. 2.602 Menschen starben in den Twin Towers. Zwei davon gehörten zu Gillys Familie. Michael arbeitete im World Trade Center. Christine war zum ersten Mal zu Besuch. Sie stand auf der Aussichtsplattform als das erste Flugzeug in den Turm flog. Viele Stockwerke tiefer saß ihr Bruder in seinem Büro. Er rief seine Frau an und sagte, dass er jetzt gehen würde um seine Schwester zu retten. Das war das letzte, was die Familie hörte.
Wenige Tage später entstand ein kleiner Garten im nordenglischen Hull. Dort wächst Tränendes Herz, eine Blume, die so aussieht, wie sie heißt und die ausdrückt, was ihr Gärtner fühlt. Eine kleine Plakette sagt, dass Michael und Christine, beide aus Hull, am 11. September 2001 im World Trade Center starben. Anna wird wahrscheinlich niemals in die USA fliegen. Am 11. September fährt sie stattdessen nach Hull, in den kleinen Garten mit tränendem Herz.
Wenige Tage später entstand ein kleiner Garten im nordenglischen Hull. Dort wächst Tränendes Herz, eine Blume, die so aussieht, wie sie heißt und die ausdrückt, was ihr Gärtner fühlt. Eine kleine Plakette sagt, dass Michael und Christine, beide aus Hull, am 11. September 2001 im World Trade Center starben. Anna wird wahrscheinlich niemals in die USA fliegen. Am 11. September fährt sie stattdessen nach Hull, in den kleinen Garten mit tränendem Herz.
Mark war schon einmal in New York. Wenige Tage, bevor die zwei Flugzeuge das World Trade Center in Schutt und Asche legten, saß er in der 107. Etage in der Bar des Nordturms. Die Aussicht war faszinierend, die Cocktails gut, die Preise gigantisch. Er hob die Rechnung auf, weil er dachte, dass das wohl die teuerste Runde war, die er jemals ausgegeben hatte. Drei Tage später, war diese Rechnung das vielleicht einzige, was von der Bar übrig geblieben war.
Betretenes Schweigen umgibt die drei Freunde an ihrem Ecktisch im Pub. Schließlich steht Mark auf, holt eine neue Runde und bittet den Barmann den Sender zu wechseln.
Auch wichtig:
Das Ende der Welt?
- Die Schwerpunktseite zum 11. September
Drüber reden?
- Dieser Artikel wird hier im Forum diskutiert
Nach Hause
- Zuender. Das Netzmagazin
32 /
2006
ZEIT online