Musik
Raus aus der Wüste
Die neue Calexico-Platte mag für Fans auf den ersten Blick ein Schock sein: "Garden Ruin" macht Schluss mit schwindelerregenden Mariachis und düster wabberndem Wüstensound.
Bereits auf dem letzten Album ‚Feast Of Wire’ gab es laut Sänger und Songwriter Joey Burns in einigen Songs erste Anzeichen einer musikalischen Veränderung hin zum Klang des nun erschienenen Nachfolgers, der sich vom atmosphärischen Flirren und TexMex-Einfluss seiner Vorgänger verabschiedet. Hier dominiert Pop-Rocksound der bisweilen an den lässigen Countryrock einstiger Wilco-Alben erinnert, aber Gefahr läuft, unter den gewaltigen Melodien auf ‚Garden Ruin’ begraben zu werden. Dennoch liegt es auf der Hand, dass Wilco, mit denen Calexico letztes Jahr gemeinsam auf Tour waren, hierfür eine große Inspiration waren, wie auch Joey bestätigt. Dem Vorwurf, mit dem neuen Werk zu sehr in Richtung Mainstream zu marschieren, begegnet er humorvoll: "Ich wundere mich, dass die Journalisten uns überhaupt noch mögen. Dass sie nicht wünschen, diese Band aus Tuscon würde einfach verschwinden und alle in Ruhe lassen."
Verantwortlich für die Vielseitigkeit zeichnet auch der neue Produzent JD Foster, den Calexico bereits von früheren Projekten kannten: "Eine der Ideen, sich musikalisch zu verändern, hing mit der Vorstellung zusammen, etwas am Produktionsprozess zu verändern" erzählt Joey und berichtet vom stetigen Reiz, etwas Neues auszuprobieren. Dennoch bleibt die Band wiedererkennbar, nicht zuletzt dank John Convertinos unverwechselbarer Art, ein Schlagzeug zu streicheln oder Joeys Gesang, der auf ‚Garden Ruin’ noch intensiver und facettenreicher geworden ist. Auch der Song ‚Roka’, der mit Unterstützung von Amparo Sanchez aufwartet, einer Freundin aus der Manu-Chao-Clique, hat noch diesen Funken tellerrockdrehendes Mexicana in sich, der die Vorgängeralben auszeichnete.
Es bestünde für den Hörer die Gefahr, im Überfluss zu ertrinken, wäre da nicht der ein oder andere Song, in dem die Pferde gelassen auf der Weide grasen und man als Hörer durchatmen kann. Auf ‚Garden Ruin’ wird zum ersten Mal komplett auf Instrumentalstücke verzichtet, die noch auf den Vorgängeralben die Songinhalte mit melodischen Improvisationen und Spielereien unterbrachen. Stattdessen spiegelt sich nun in jedem einzelnen Song die gesamte Komplexität der Band wieder, die sich nicht mehr hinter der kalifornisch-mexikanischen Grenze verstecken möchte: ‚Garden Ruin’ ’ hält sich im Gegensatz zu seinen Vorgängern nicht mehr mit den amerikanischen Mythen auf, sondern bezieht sich auf unsere Alltagsgeschichten in ihren ganz eigenen, kleinen Dramen und Verwicklungen. Calexico besingen wie nie zuvor die eigenen Erfahrungen und scheinen damit sich selbst ein Stück näher gekommen zu sein. Kein Wunder, denn die unermüdlichen Tourer scheinen sesshaft zu werden: "Ich habe mir ein Haus gekauft, versuche mir ein eigenes Nest zu bauen," erzählt Joey. John ist im letzten Jahr zum zweiten Mal Vater geworden und auch bei Joey zeichnen sich Pläne Richtung Familiengründung ab. "Ja, das ist worüber ich nachdenke, Kinder, Nestbau. Vielleicht versucht der Vogel auf unserem Cover das auch".
Jenes wurde nämlich im Gegensatz zu den vorherigen nicht mehr von Viktor Gastellum, sondern James Jean gestaltet und zeigt das handgemalte Bild eines Raben, der zwischen den Ästen eines kahlen Baumes gefangen ist. Im Hintergrund eine weiße symmetrische Blumenwolke, rosafarbene Blütenblätter und ein Strommast. Sehr morbide, unklar umrissen, vielschichtiger als die früheren Cover. Ein Bild, das unterschiedliche Interpretationen möglich macht. "Ich wollte etwas handgemachtes, etwas unmittelbareres, weil eben auch das Album im Ganzen persönlicher ist," erklärt er seine und Johns Beziehung zu den Bildern auf ‚Garden Ruin’ .
Calexico scheinen mit der neuen Platte einen Schritt gemacht zu haben, in eine Richtung, die der ihres Lebens entspricht. Damit sind sie zwar nicht am Ziel ihrer Reise, aber an einem Zwischenstopp, der Raum lässt für Gegenwart. Möglich, dass es für Calexico an der Zeit war, Wüste und Mariachis zu verlassen, um mit ‚Garden Ruin’ ein Album zu machen, das mehr für sie selbst als für die Fans ist. Wer sich zu jenen zählt und bereit ist, Treue nicht auf Ausschließlichkeit bauen, der dürfte sich mit ‚Garden Ruin’ zu arrangieren wissen. Vielleicht ist diese Platte viel zu gut ist, um der Vergangenheit hinter her zu weinen.
Bereits auf dem letzten Album ‚Feast Of Wire’ gab es laut Sänger und Songwriter Joey Burns in einigen Songs erste Anzeichen einer musikalischen Veränderung hin zum Klang des nun erschienenen Nachfolgers, der sich vom atmosphärischen Flirren und TexMex-Einfluss seiner Vorgänger verabschiedet. Hier dominiert Pop-Rocksound der bisweilen an den lässigen Countryrock einstiger Wilco-Alben erinnert, aber Gefahr läuft, unter den gewaltigen Melodien auf ‚Garden Ruin’ begraben zu werden. Dennoch liegt es auf der Hand, dass Wilco, mit denen Calexico letztes Jahr gemeinsam auf Tour waren, hierfür eine große Inspiration waren, wie auch Joey bestätigt. Dem Vorwurf, mit dem neuen Werk zu sehr in Richtung Mainstream zu marschieren, begegnet er humorvoll: "Ich wundere mich, dass die Journalisten uns überhaupt noch mögen. Dass sie nicht wünschen, diese Band aus Tuscon würde einfach verschwinden und alle in Ruhe lassen."
Verantwortlich für die Vielseitigkeit zeichnet auch der neue Produzent JD Foster, den Calexico bereits von früheren Projekten kannten: "Eine der Ideen, sich musikalisch zu verändern, hing mit der Vorstellung zusammen, etwas am Produktionsprozess zu verändern" erzählt Joey und berichtet vom stetigen Reiz, etwas Neues auszuprobieren. Dennoch bleibt die Band wiedererkennbar, nicht zuletzt dank John Convertinos unverwechselbarer Art, ein Schlagzeug zu streicheln oder Joeys Gesang, der auf ‚Garden Ruin’ noch intensiver und facettenreicher geworden ist. Auch der Song ‚Roka’, der mit Unterstützung von Amparo Sanchez aufwartet, einer Freundin aus der Manu-Chao-Clique, hat noch diesen Funken tellerrockdrehendes Mexicana in sich, der die Vorgängeralben auszeichnete.
Es bestünde für den Hörer die Gefahr, im Überfluss zu ertrinken, wäre da nicht der ein oder andere Song, in dem die Pferde gelassen auf der Weide grasen und man als Hörer durchatmen kann. Auf ‚Garden Ruin’ wird zum ersten Mal komplett auf Instrumentalstücke verzichtet, die noch auf den Vorgängeralben die Songinhalte mit melodischen Improvisationen und Spielereien unterbrachen. Stattdessen spiegelt sich nun in jedem einzelnen Song die gesamte Komplexität der Band wieder, die sich nicht mehr hinter der kalifornisch-mexikanischen Grenze verstecken möchte: ‚Garden Ruin’ ’ hält sich im Gegensatz zu seinen Vorgängern nicht mehr mit den amerikanischen Mythen auf, sondern bezieht sich auf unsere Alltagsgeschichten in ihren ganz eigenen, kleinen Dramen und Verwicklungen. Calexico besingen wie nie zuvor die eigenen Erfahrungen und scheinen damit sich selbst ein Stück näher gekommen zu sein. Kein Wunder, denn die unermüdlichen Tourer scheinen sesshaft zu werden: "Ich habe mir ein Haus gekauft, versuche mir ein eigenes Nest zu bauen," erzählt Joey. John ist im letzten Jahr zum zweiten Mal Vater geworden und auch bei Joey zeichnen sich Pläne Richtung Familiengründung ab. "Ja, das ist worüber ich nachdenke, Kinder, Nestbau. Vielleicht versucht der Vogel auf unserem Cover das auch".
Jenes wurde nämlich im Gegensatz zu den vorherigen nicht mehr von Viktor Gastellum, sondern James Jean gestaltet und zeigt das handgemalte Bild eines Raben, der zwischen den Ästen eines kahlen Baumes gefangen ist. Im Hintergrund eine weiße symmetrische Blumenwolke, rosafarbene Blütenblätter und ein Strommast. Sehr morbide, unklar umrissen, vielschichtiger als die früheren Cover. Ein Bild, das unterschiedliche Interpretationen möglich macht. "Ich wollte etwas handgemachtes, etwas unmittelbareres, weil eben auch das Album im Ganzen persönlicher ist," erklärt er seine und Johns Beziehung zu den Bildern auf ‚Garden Ruin’ .
Calexico scheinen mit der neuen Platte einen Schritt gemacht zu haben, in eine Richtung, die der ihres Lebens entspricht. Damit sind sie zwar nicht am Ziel ihrer Reise, aber an einem Zwischenstopp, der Raum lässt für Gegenwart. Möglich, dass es für Calexico an der Zeit war, Wüste und Mariachis zu verlassen, um mit ‚Garden Ruin’ ein Album zu machen, das mehr für sie selbst als für die Fans ist. Wer sich zu jenen zählt und bereit ist, Treue nicht auf Ausschließlichkeit bauen, der dürfte sich mit ‚Garden Ruin’ zu arrangieren wissen. Vielleicht ist diese Platte viel zu gut ist, um der Vergangenheit hinter her zu weinen.
04 /
2006
ZEIT ONLINE