SCHLAGER

Ballermannmusik

Man kommt nicht um sie drum herum, um diese WM. Im Fernsehen wird man – trotz Firmenpleite – in fast jeder Werbepause von Goleo und anderem FIFA-Gedöns belästigt, in Restaurants gibt es WM-Menüs, und sogar eine „Champiolade“ wurde von Milka auf den Markt gebracht. Das WM-Jahr ist das Jahr der Sportbegeisterten, und wer könnte sich in diesem Umfeld besser vermarkten als die Sportfreunde Stiller?

Von Julia Gudzent

Anscheinend hat sich mentale Beschränktheit jedoch mit seinem Nebenprojekt Tiptop endgültig in Peter Bruggers Hirn gefräst; „Unser Freund ist das Leder“ und diverse Hau-Drauf-Songs zum Mitschunkeln kann man ja gerade noch durchgehen lassen. Klar, dass die Sportfreunde im WM-Jahr den einen oder anderen ledrigen Song schreiben. Ein ganzes Album an Fußballsongs ist bei dem Bandnamen im Grunde sogar unumgänglich. Gutes Marketing, das Trio springt in Fußballtrikots durch das Booklet, wälzt sich im Dreck, immer ist ein Ball mit dabei, der passende Jargon findet sich sogar in der Dankesliste der sportlichen Bayern wieder. Genau dieses Album wird im WM-Jahr gebraucht, drei Akkorde, Tschugga-Tschugga-Schlagzeugbeats und aufpeitschende Refrains zum bierseligen Mitbölken mit der sich ständig wiederholenden Bekräftigung, dass es die deutsche Mannschaft 2006 zum Sieg bringen werde. Fast könnte man dieses Spiel als gewonnen durchgehen lassen, würde Spieler Brugger nicht mit seinem ausgesprochen dümmlichen Text zu dem Song „Pogo in Togo“ eindeutig die rote Karte bekommen. Nicht, dass die Sportfreunde sonst außerordentlich intellektuell wären, mit seinem Nebenprojekt Tiptop und dessen bewusster Verdummung des Popsongs schürte Brugger schon vor einigen Monaten eine allgemeine, ganz offene Aggressivität gegen seine Person durch die Unverfrorenheit, etwas so unglaublich Geistloses wie dieses auf Platte zu bannen – auch die Verbreitung überflüssigen Gedankenguts in Musikform sollte indiziert werden dürfen. Mit „Pogo in Togo“ hat er auf „You have to win Zweikampf“ erneut im brachliegenden Teil seines Gehirns gekramt und wieder verspürt man die Dringlichkeit diesem Mann den Zugang zu Mikrofonen jeglicher Art verwehren. Doch nach ein, zwei Bier wird das auch keinen der Fußballfans mehr stören.

Sportfreunde Stiller, „You have to win Zweikampf“ (Blickpunkt Pop / Universal)

20 / 2006
ZEIT ONLINE