Punk

Happy End

Ein überraschendes Ende: Das alte Ärzte-Album "Debil" war lange Zeit indiziert und machte Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften erst richtig bekannt. Nun darf es wieder offen verkauft werden. Geändert haben sich aber nicht die Texte, sondern die Jugendlichen. Sagt die Prüfstelle

Boris Fust

Was man nicht darf, ist umso mehr Anreiz. Das galt lange Jahre für die indizierten Songs der Ärzte. Doch jetzt ist es offiziell: Die Jugend von heute kann mehr ab als vorangegangene Generationen. Zu dieser Erkenntnis ist man bei der "Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien" gelangt. Im Juni 1987 war das anders, man musste sich große Sorgen um die Heranwachsenden machen. Bereits seit drei Jahren sang man auf den Schulhöfen die Lieder der ersten Schallplatte von den Ärzten ("Debil"). Die handelten unter anderem von schröcklichen Monstern und einer gewissen Claudia, die weder hetero- noch homosexuell sei (metrosexeull gab’s damals noch nicht). Aus diesem Grund hielt sie sich einen Schäferhund, was sich nicht nur toll reimte, sondern auch Anlass für wenig kindgerechte, aber enorm pubertäre Texte bot. Die selbst nicht wenig legendäre Bundesprüfstelle befand, solcherlei sei "geeignet, Kinder und Jugendliche sozialethisch zu desorientieren". Auch die anderen Songs vom "Debil"-Album übten eine "verrohende Wirkung aus" und seien geeignet, die jungen Seelen in einen "Zustand angespannter, latenter Aggressivität" zu versetzen. Obwohl die Platte alsbald nur noch Erwachsenen zugänglich gemacht werden durfte, wurden Die Ärzte nach der Indexierung ungemein berühmt.

Nun ist es aber so: Junge Menschen müssen heutzutage Liveberichte von Kriegsschauplätzen verarbeiten, den Verlockungen des Internets ebenso widerstehen wie Süßigkeiten, die mit der Aufschrift "ohne Fett" beworben werden. Sie sind abgehärtet, da sind sich die Jugendschützer ganz, ganz sicher. Die Behörde lobt daher nun die "satirische Form" der Ärzte-Songs, die von "heutigen Jugendlichen aufgrund deren Medienerfahrung ohne Schwierigkeiten als Fiktion eingeordnet werden können". Das Album wurde folgerichtig aus der Liste der jugendgefährdenden Medien gestrichen.

Aus diesem Anlass erscheint das Werk nun erneut. Es trägt den leicht veränderten Titel "Devil", wurde remastered und enthält zusätzlich einige bislang unveröffentlichte Songs aus der frühen Schaffensperiode der Ärzte. Außerdem, so versichert die Plattenfirma, sei die "Verpackung noch umweltfreundlicher".

Die Ärzte: "Devil" (SonyBMG)

Boris Fust

Was man nicht darf, ist umso mehr Anreiz. Das galt lange Jahre für die indizierten Songs der Ärzte. Doch jetzt ist es offiziell: Die Jugend von heute kann mehr ab als vorangegangene Generationen. Zu dieser Erkenntnis ist man bei der "Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien" gelangt. Im Juni 1987 war das anders, man musste sich große Sorgen um die Heranwachsenden machen. Bereits seit drei Jahren sang man auf den Schulhöfen die Lieder der ersten Schallplatte von den Ärzten ("Debil"). Die handelten unter anderem von schröcklichen Monstern und einer gewissen Claudia, die weder hetero- noch homosexuell sei (metrosexeull gab’s damals noch nicht). Aus diesem Grund hielt sie sich einen Schäferhund, was sich nicht nur toll reimte, sondern auch Anlass für wenig kindgerechte, aber enorm pubertäre Texte bot. Die selbst nicht wenig legendäre Bundesprüfstelle befand, solcherlei sei "geeignet, Kinder und Jugendliche sozialethisch zu desorientieren". Auch die anderen Songs vom "Debil"-Album übten eine "verrohende Wirkung aus" und seien geeignet, die jungen Seelen in einen "Zustand angespannter, latenter Aggressivität" zu versetzen. Obwohl die Platte alsbald nur noch Erwachsenen zugänglich gemacht werden durfte, wurden Die Ärzte nach der Indexierung ungemein berühmt.

Nun ist es aber so: Junge Menschen müssen heutzutage Liveberichte von Kriegsschauplätzen verarbeiten, den Verlockungen des Internets ebenso widerstehen wie Süßigkeiten, die mit der Aufschrift "ohne Fett" beworben werden. Sie sind abgehärtet, da sind sich die Jugendschützer ganz, ganz sicher. Die Behörde lobt daher nun die "satirische Form" der Ärzte-Songs, die von "heutigen Jugendlichen aufgrund deren Medienerfahrung ohne Schwierigkeiten als Fiktion eingeordnet werden können". Das Album wurde folgerichtig aus der Liste der jugendgefährdenden Medien gestrichen.

Aus diesem Anlass erscheint das Werk nun erneut. Es trägt den leicht veränderten Titel "Devil", wurde remastered und enthält zusätzlich einige bislang unveröffentlichte Songs aus der frühen Schaffensperiode der Ärzte. Außerdem, so versichert die Plattenfirma, sei die "Verpackung noch umweltfreundlicher".

Die Ärzte: "Devil" (SonyBMG)

42 / 2005
(c) ZEIT online