Indie

Der Soundtrack zum Selbstmord

The Black Heart Procession sind eher berüchtigt als berühmt. Sie liefern Melancholie pur, Sänger Pall Jenkins klingt, als hätte er seine Gesichtsmuskeln noch niemals in Richtung eines Lächelns verzerrt

Von Julia Gudzent

Auf ihrem neuesten Werk „The Spell“ verfolgen The Black Heart Procession zuerst ihren zutiefst melancholischen, verzweifelten, nach Erlösung dürstenden Stil, der jeglicher Hoffnung entsagt. Nach zwei herzzerreißenden Titeln gibt es dann jedoch einen sehr untypischen Song namens „Not just Words“. Er hat einen schnelleren Beat als die restlichen Songs und ist unterlegt von einer fast fröhlichen Pianomelodie. Man ist entsetzt, geschockt, enttäuscht. Sollten The Black Heart Procession etwa die Freude am Leben entdeckt haben? Was ist bloß aus der ultimativen Soundtrack-zum-Selbstmord-Band geworden? Plötzlich ist man versucht mit dem Fuß zu wippen, den Song mitzupfeifen. Schließlich ist gerade erst Frühling geworden, die Sonne scheint, die Vögel zwitschern und tatsächlich macht das Leben – zumindest ansatzweise - Spaß! Doch erwartet und will man von The Black Heart Procession keinen Spaß. Man will Melancholie, Depression und Leidenschaft. Und zum Glück löst der nächste Song „The Letter“ die Fröhlichkeit von seinem Vorgänger auch gleich wieder auf und gibt der Band ihre gewohnte Düsterkeit zurück. Denn ohne die wären The Black Heart Procession nur eine weitere Indieband ohne Relevanz. Doch bleiben sie auf „The Spell“ ihrer gewohnten Melancholie glücklicherweise größtenteils treu.

The Black Heart Procession, „The Spell“, (Touch and Go)

20 / 2006
ZEIT ONLINE