PUNK

Alles nur geklaut

Dennis Lyxzén hat einen ausführlichen Spicker im Ärmel: Er schaut und kupfert ab, stiehlt und modelt um. Das Ergebnis ist auch auf"Automatic", dem neuen Album seiner Lost Patrol Band, überraschend eigenständig

Von Julia Gudzent

Man kann Dennis Lyxzén, dem Sänger von The Lost Patrol Band alles Mögliche vorwerfen: Bei seiner Band Refused habe es sich lediglich um einen Abklatsch der D.C.-Hardcore-Band Nation of Ulysses gehandelt, ihre Nachfolger The (International) Noise Conspiracy seien nichts als Modepüppchen in Ringelpullis, live sei Lyxzén ein Wiedergänger von Make-up-Vocalist Ian Svenonius. Außerdem sei das erste Album seines ursprünglich als Soloprojekt gedachten Projekts Lost Patrol randvoll mit scheußlichen Liebesliedern.

Doch eins muss man Lyxzén lassen: Der Mann hat Beat. Alles, was er macht, ist tanzbar. "Automatic", das dritte Album von The Lost Patrol Band, macht da keine Ausnahme. Drei Akkorde in schneller Abfolge, rotziger Gesang – das erinnert unmittelbar an den Punk der späten 70er, frühen 80er Jahre, sprich die Ramones und The Buzzcocks. Das Rad hat Lyxzén damit nicht neu erfunden. Doch so sehr er auch abgeschaut, abgekupfert und geklaut hat: Das macht er jedes Mal wirklich gut und in gewisser Weise gelingt es ihm dabei sogar, aus der Vorlage sein eigenes Ding zu schnitzen. Und so ist "Automatic" ein gelungener Rückblick auf längst vergangene Musikgeschichte und klingt doch reichlich frisch.

The Lost Patrol Band, "Automatic" (Burning Heart / SPV)

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32 / 2006
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