Folk
Gemütlich, aber gefährlich
Als Cat Stevens wurde Yusuf Islam in den Siebzigern mit Songs wie „Lady D'Arbanville“ berühmt. 28 Jahre hat er nichts veröffentlicht, jetzt erscheint sein neues Album „An other Cup“.
Mit Cat Stevens ist es wie mit den Doors: Die Musik ist mitunter ärgerlich, aber man kommt nicht drumherum. Wer in seiner frühen Jugend die ersten abendlichen Besuche in Mädchenzimmern tätigt, wird sich mit aromatisiertem Brombeertee und Räucherstäbchen ebenso anfreunden müssen wie mit „The End“ oder eben „Lady D’Arbanville“. Cat Stevens bekam der Erfolg scheinbar nicht. Er suchte sein Heil im Glauben. Zunächst beschäftigte er sich mit dem Buddhismus, dem Hinduismus und Zeitungshoroskopen, bis er schließlich zum Islam konvertierte. Statt seiner eigenen Songs las er seitdem nur noch den Koran und irritierte westliche Medien mit islamistischen Äußerungen. Er änderte seinen Namen in Yusuf Islam, man hielt es für wahrscheinlich, dass er den Verstand verloren hatte.
And You Will Know Us By The Trail Of Dead haben die Popmusik entdeckt, sogar den Folk. Sie spielen Violine und Trompete bzw. lassen spielen und scheren sich nicht um die Folgen. Orchestral sind sie immer noch, und ihr Blick schweift in Cinemascope und Technicolor durch die Welt. Das erste Stück „Stand in Silence“, dessen erhabene Grundstimmung immer wieder krachend durchbrochen wird, oder das darauffolgende „Wasted State of Mind“ gehen zwar als Rocksongs durch, aber auch als alles andere: Mini-Symphonien, Percussion-Orgien, you name it. „Naked Sun“ stampft als düsteres Bluesmonster durchs Gebälk, „8 Day Hell“ surft durch Westcoast-Folk-Gewässer. Es gibt Spoken-Word-Performances und sogar ein echtes Cover, den reduzierten Guided-By-Voices-Klassiker „Gold Heart Mountain Top Queen Directory“ in einer Art Phil-Spector-Version, ein Himmel voller Geigen. Davor, dazwischen und dahinter ist noch viel mehr, ein Spagat zwischen Selbstzweifel und Euphorie. Kriegen nicht viele so hin.
Yusuf Islam, „An other Cup“ (Polydor / Universal)
Der Tonkopf in dieser Woche:
Süchtig nach mehr
- Trail of Dead reisen durch die Stile
Sie kamen über Nacht
- Sind The Long Blondes das nächste große Ding?
Alles herausschreien
- The Blood Brothers auf dem Weg zum Pop
Drüber reden?
- Der Tonkopf hat hier im Forum seinen Platz
Nach Hause
- Zuender. Das Netzmagazin
46 /
2006
ZEIT ONLINE