ALTERNATIVE

Unpunk

Nach zehnjähriger Pause tun sich tatsächlich The Lemonheads wieder zusammen – fast. Eigentlich hat sich Sänger und Gitarrist Evan Dando für sein neuestes Werk "The Lemonheads" nur zwei neue Musiker gesucht, um sein folkiges Gitarrenspiel mit einem Beat zu unterlegen

Von Julia Gudzent

Ende der Neunziger, als Grunge den Großteil seiner Ikonen an die Drogensucht verloren hatte, ging das Gerücht um, Kim Deal, Sebastian Bach und Evan Dando hätten eine Band aus Heroinabhängigen gegründet. Von der Band gab es leider nie ein Release, Kim Deal vereinigte sich mit Frank Black wieder zu den Pixies, Sebastian Bach bekam eine Rolle in der US-Serie "Gilmore Girls". Und Evan Dando? Verschwand mehr oder weniger von der Bildfläche. Doch nun ist Dando, seines Zeichens alternder und längst nicht mehr aktueller Rockstar, zurück – und das tatsächlich in Form seines damaligen Trios The Lemonheads. Zwar ist keines der anderen ursprünglichen Mitglieder mehr dabei, doch hat sich Dando stattdessen zwei weitere alternde Szenegrößen an Land gezogen: Bill Stevenson und Karl Alverez von der kalifornischen College-Punkband The Descendents. Ein wenig muss man bei Mitteilung dieser News schmunzeln, doch anscheinend verstanden sich die Lemonheads schon seit ihrer Gründung als Punkband, auch nachdem sie Mitte der Neunziger eine der Vorzeigebands der Grunge-Bewegung wurden. Zur Verdeutlichung tourte Dando im Jahr 2004 sogar als Sänger der wiedervereinigten MC5 durch die Staaten. Trotz dem wieder gewonnenen Punk-Appeal klingen The Lemonheads immer noch exakt wie The Lemonheads, sprich: nach Grunge, Alternative und vielleicht sogar einem winziges bisschen Punk. "The Lemonheads" schließt da an, wo ihr 1993er Erfolgsalbum "Come on feel the Lemonheads" aufhörte. Simple und melodische Popsongs und Dandos unverwechselbar sanfte Stimme lullen einen ein und nehmen einen mit auf eine Zeitreise zurück in die Neunziger.

The Lemonheads, "The Lemonheads" (Interscope / Universal)

39 / 2006
ZEIT ONLINE