Indie

Knarren statt Gitarren

Es kann nicht mehr lange dauern, und das Zeitalter des Gitarrenschrotts geht dem Ende zu. Forward, Russia! könnten diesen Niedergang beschleunigen. Sie sind blöder als Art Brut, langweiliger als Franz Ferdinand und können noch schlechter spielen als die Kaiser Chiefs und eine kleinstädtische Schützenfestkapelle zusammen.

Von Sabine Großehambrinker

Allmählich beginnt nämlich die Dekadenz um sich zu greifen. Forward, Russia! ist so ein Menetekel. Erinnern wir uns noch einmal daran, was der Popstandard derzeit als bindend festschreibt: Man benötigt undiszipliniert vor sich hinschammelnde Gitarren, alkoholtaugliche Melodien, die mit überschnappender Stimme gesungen werden, einen unrhythmisch knarrenden Bass als Soundandicker und einen hanebüchenen Disco-Beat, der möglichst hanebüchen hingehudelt wird. Eigentlich könnte man mit all dem einen herrlich prolligen Punkrock veranstalten, zu dem sich der Arbeitsmann auf die Rübe haut und sich ins Koma säuft. Aber ähnlich wie der Unterschichtensport Fußball ist derlei nun in die Hände der Intelligenzija gefallen, die dem kleinen Mann nun auch noch die letzte Freude nimmt und für sich beansprucht. Forward, Russia! sind dementsprechend eine Art verschärftes Art Brut: Sie haben zwar ein nicht ganz so ostentativen Namen oder ein so elaboriertes Gesamtkonzept, liefern dafür aber gar nichts mehr außer ironischen Brechungen. Vollkommen crazy: Die Songs haben sie nach der Reihenfolge ihrer Entstehung benannt, das Tracklisting folgt aber keiner chronologischen Ordnung und unterschlägt unter anderem die ersten fünf, die möglicherweise noch schlechter gewesen sein mögen als beispielsweise „Nineteen“. „Give me a Wall“ ist trotzdem eine wichtige Platte: Danach möchte man dergleichen echt nicht mehr hören.

Forward, Russia!, „Give me a Wall“(Cooperative / Rough Trade)