ROCK

Stil und Klasse

Was ließe sich schon ernsthaft gegen Morrissey vorbringen: Immerhin ist der Mann für das M in "Manchester" verantwortlich. Und vor einer Ewigkeit hat er mit seiner Band The Smiths und Alben wie "The World Won’t Listen" die Welt zu einem besseren Ort gemacht

Von Julia Gudzent

Nun erscheint nach vergleichsweise kurzer Zeit mit „Ringleader of the Tormentors“ der Nachfolger zu „You are the Quarry“ von 2004. Produziert hat das Werk die Legende Tony Visconti, der in den 70ern mit T.Rex und David Bowie zusammenarbeitete und kürzlich für Kashmirs „No Balance Palace“ den Panoramaregler bediente. Auf dem Cover zeigt sich Morrissey im Frack, während er die Geige streicht. Tatsächlich gibt es ab und an ein paar Streicher zu hören, sogar ein Kinderchor wird aufgefahren. Insgesamt fällt „Leader of the Tormentors“ etwas ruhiger und poppiger aus als sein Vorgänger – schön produzierte Popsongs mit Stil und Klasse. Und Inhalt: Morrissey hat wirklich etwas zu sagen. Seinen Lieblingsthemen – also Liebe, Sex, Gewalt und Politik – bleibt er treu und verpasst den führenden Köpfen dieser Welt mitten im schönsten Lovesong schallende Ohrfeigen. Und zwar durchaus überzeugend und ohne falschen Pathos – Morrissey ist zum Glück kein Clown wie Bono. Gegen Vereinnahmung setzt er sich auf „I’ll never be anybody’s Hero now“ zur Wehr. Doch dazu dürfte es leider zu spät sein: Seine große Klappe hat ihn längst zu einem Helden gemacht – für die Homosexuellen, Vegetarier und die Robbenfreunde dieser Welt.

Morrissey, „Ringleader of the Tormentors“ (Attack Records/ Sanctuary)

04 / 2006
ZEIT ONLINE