ROCK

Gar nicht produziert für das Tolle

Liebeskummer sei Luxus, befand Marcus Winson auf seinem von Olaf Opal produzierten Debüt "So sah die Zukunft aus". Jetzt dreht er sich 45 Mal pro Minute und will und will keine Single sein. Und wovon dieser Peter eigentlich lebt, wird immer noch nicht verraten

Von Boris Fust

Winson ist in etwa so etwas wie Dittsche ohne Fernseher: Man kann es nur hören, aber trotzdem riecht es ziemlich doll nach Pommesbude. Winson wohnt in der großen ehemals geteilten Stadt, wo die Currywurst eine in ranzigem Fett ausgebackene Bockwurst ist. Deshalb ist sein Humor auch kein postproletarischer, der auf Kosten des unbrauchbar gewordenen kleinen Mannes geht wie in der WDR-Sitcom Olli Dittrich. Die stilistischen Mittel sind aber durchaus ähnlich: Winsons Texte leben von Weltwissen und genauer Beobachtungsgabe. Musikalisch geht es reichlich hemdsärmelig zu, Kulissen und Mummenschanz werden nur angedeutet. Im Vergleich zum Vorgänger, der mit seinem übersteuerten Gesang den Schulterschluss zur Homerecoding-Szene übte, ist "Frag die richtigen Leute" allerdings fast schon ambitioniert: Es gibt nun ein richtiges Schlagzeug, die Elektronik-Mätzchen machen sich gut im Mix, und der Gesang ist sauber aufgenommen. Manchmal ist schon das ein wenig zuviel des Guten, und man muss an Stoppok denken, der plötzlich anfing, Breakbeat-Platten aufzunehmen. Doch das ist nichts, was eine schlechte Musikanlage aus dem Elektronik-Discounter schnell beheben könnte. Fragt Winson. Der gehört zu den richtigen Leuten.

Winson, "Frag die richtigen Leute!" (V2 / Rough Trade)

Winson, "Frag die richtigen Leute!" (V2 / Rough Trade)

04 / 2006
ZEIT ONLINE