In eigener Sache

Ein Abschied

Wieso habe ich das hier eigentlich jede Woche gemacht? Wegen der vielen Rückmeldungen, die mir zeigen, dass Schreiben ein Mittel zum Teilen sein kann.

Die letzte Kolumne von Selim Özdogan

Die Fragen könnten sich stellen: Was treibt einen dazu über einen Zeitraum von über drei Jahren nahezu Woche für Woche einen Text abzuliefern, ohne einen Cent dafür zu sehen? In einem Onlinemagazin, das bei Lesungen auf Nachfrage nur die wenigsten kennen? Wieso schreibt man Kolumnen, wenn man das Gefühl hat, mit den Projekten im Kopf mehr als genug Arbeit für die nächsten vier Jahre zu haben? Und alle angeschriebenen Verlage die Herausgabe einer Kolumnensammlung ablehnen. Und das waren nicht wenige. Was bringt mich dazu so etwas zu tun, obwohl ich darauf angewiesen bin mit geschriebenen Worten meinen Lebensunterhalt zu bestreiten?

Es ging nie ums Geld beim Schreiben, auch wenn es irgendwie die Miete zahlen muß. Ich schreibe gern. Es ist eine der schönsten Beschäftigungen für mich. Und es war fast immer angenehm, meine natürliche Faulheit zu überwinden und jede Woche einen Text liefern zu müssen. Obwohl nie jemand was gesagt hat, wenn ich mal aussetzen wollte oder geschludert habe. Einmal die Woche wird sich einfach ausführlich und schriftlich mit einem Thema auseinandergesetzt, das mich ohnehin beschäftigt. 

Ich bewundere ja Menschen, die Tagebuch schreiben, weil ich auch dafür meistens zu faul bin. Aber wenn ich mir die Kolumnentexte rückblickend anschaue, kommen sie mir vor wie ein Tagebuch. Ich weiß, was für eine Zeit in meinem Leben das war, als der Text entstanden ist, einfach weil ich sehe, welche Richtung meine Gedanken genommen haben.

Die Texte waren häufig nicht besonders literarisiert oder gar verschlüsselt, sondern fast immer äußert persönlich und einfach. So persönlich, wie sonst wahrscheinlich nur das Tourtagebuch, das ich geschrieben habe.

Es war eine schöne Gelegenheit eine Plattform für diese Art von Texten zu haben und sie haben mir einige angenehme Anekdoten beschert. Wie zum Beispiel eine Mail aus dem Benin, nachdem ich geschrieben hatte, daß dort jemand ist, der gerne bei Ikea einkaufen würde. Von genau der Person, von der die Rede war.

Oder einen Auftrag für einen Text für das Hanfblatt, für das ich sonst wohl nie geschrieben hätte.

Aber auch die vielen Rückmeldungen, die mir zeigen, dass Schreiben ein Mittel zum Teilen sein kann.

Danke. Danke an alle Macher von Zuender, Dank an alle Leser für die Zeit und Aufmerksamkeit. Es war eine schöne Zeit und man sieht, liest, hört sich.

An anderer Stelle. Auf bald.

Vor kurzem ist von Selim Özdogan der Roman "Zwischen zwei Träumen" im Lübbe Verlag erschienen. Mehr Informationen zu Selim auf der Internetseite www.selimoezdogan.de
 

10 / 2009
ZEIT ONLINE