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Konvertitendatei

Reine Vorsichtsmaßnahme

Wolfgang Bosbach (CDU) will die Namen aller Deutschen, die sich zum Islam bekennen, in einer Datei speichern. Der Vorschlag zeigt: Für viele ist der Islam noch immer etwas Böses.

Der Vorschlag liegt auf dem Tisch. Alle, die in Deutschland zum Islam konvertieren, sollen aktenkundig gemacht werden , sagt CDU-Innenexperte Wolfgang Bosbach. Wieviele Menschen das genau betrifft, ist unklar, Schätzungen sprechen von 10.000 bis 60.000 Menschen. Die anderen anderen Parteien wiesen den Vorschlag empört ab.

Die Idee hat keine Chance auf Umsetzung, Bosbach weiß das. Sein Ziel ist ein anderes: Ähnlich wie Innenminister Wolfgang Schäuble will er den Koalitionspartner SPD unter Druck setzen, die Sozialdemokraten so oft wie möglich zwingen, "Nein" zu sicherheitspolitischen Vorschlägen der Christdemokraten zu sagen. So erhofft sich die CDU, die Innere Sicherheit als Wahkampfthema 2009 nutzen zu können. Den Kopf nach links gewandt, sagt Bosbach, er sei "nicht bereit, aus lauter politischer Korrektheit die Augen vor der Realität zu verschließen." Das tut er wirklich nicht, er verschließt die Augen zu Wahlkampfzwecken.

Die deutschen Konvertiten zum Islam pauschal zu registrieren, ist wie die Rasterfahndung eine Maßnahme, die unabhängig vom konkreten Verdacht eines bzw. mehrere Merkmale als Fahndungsgrundlage nimmt. Die Rasterfahndung wurde nach den Terroranschlägen vom 11.September wieder eingeführt. Damals wurden Merkmale wie "männlich", "muslimisch", "keine Kinder" gerastert - ohne den geringsten Erfolg. Als ein muslimischer Student eine Verfassungsklage einreichte, verbot das Bundesverfassungsgericht diese Praxis, außer im Fall einer konkreten Gefährdung.

Auch heute stellt sich die Frage nach dem Sinn. Der einzige Hinweis, dass besonders viele Konvertiten radikal sein könnten, waren die versuchten Terroranschläge. Innenministerium und Sicherheitsdienste verfügen kaum über gesicherte Daten, nicht einmal über ihre Anzahl lässt sich genaueres sagen . Offenbar sind jedoch viele Konvertiten Frauen, die wegen einer Ehe zum Islam wechselten. Ansonsten: Weißes Papier . Daran wird sich auch wenig ändern, denn nirgendwo ist niedergeschrieben, wer zum Islam konvertiert.

Dennoch behaupten viele Experten, die "die Konvertiten" seien ein ideales Ziel für Hassprediger. Die Begründung: Wer zum Islam wechsele, erlebe die Welt als chaotisch und frustrierend, suche Halt und ein klares Gut-/Böse-Bild. Wer mit seinem Leben zufrieden sei, ginge nicht eine Moschee. Dahinter steckt wenig mehr als das Festhalten an der Auffassung, der Islam sei eine unreife, sogar eine gewalttätige Religion, als Muslim werde man daher nur geboren, keinesfalls könne man sich mit gesundem Verstand dafür entscheiden. Konvertiten erschüttern diese Ansicht. Dass sich ethnisch Deutsche bewusst für den Islam entscheiden, ist unbegreiflich. So jemand ist entweder ein ganz armes Würstchen oder ein Frustrierter, ein potenzieller Terrorist.

Es gibt, das steht gleichwohl fest, Menschen unter den Konvertiten, die zur Radikalität neigen. Kürzlich wurde angemerkt, der Islamismus habe auch für junge, ethnisch deutsche Bürgerkinder eine gewisse Strahlkraft, indem er - wie einst der Linksextremismus - Systemwechsel und Selbsterhöhung verspräche. Damit sei er "radical chic", eine der wenigen verbliebenen Möglichkeiten, zu rebellieren. In der Tat, der radikale Islamismus macht verlockende Angebote. Dies erkannte vor Osama bin Laden schon Ayatollah Chomeini, als er während der iranischen Revolution 1979 die linke Theorie der unverschuldeten Abhängigkeit der Dritten Welt in seine Tiraden einbaute, als er den Iran und andere Staaten zu Opfern des Imperialismus machte. In dasselbe Schema passen auch Mahmud Ahmadinedschads populistische Äußerungen gegen die USA und die Unfairness des Welthandels. Auch er bemüht sich um die wütenden, klugen Jungen des Westens. Er könnte keine besseren Verbündeten finden.

Allerdings scheiterten bisher die fast alle Versuche von nichtsstaatlichen oder staatlichen islamistischen Bewegungen, jungen, westlichen Hedonisten ein Rollenvorbild aufzubauen. Vielleicht hängt das mit der asketischen Lebensweise zusammen, die dem islamistischen Kämpfer vorgesehen ist. Zwar ist er unglaublich authentisch und für die Außenwelt schockierend, doch hört der Soldat Allahs keine Musik, hat kein freies Sexualleben, trinkt keinen Alkohol. Am Ende ist den meisten der Märtyrertod bestimmt. Natürlich wird es den Islamisten hin und wieder gelingen, auch ethnisch Deutsche auf ihre Seite zu ziehen. Narzisten wie die früheren RAF-Terroristen aber hätte der radikale Egalitarismus wohl beengt. Hätte Andreas Baader heutzutage tatsächlich einen Selbstmordanschlag verübt? Hätte er sich, ohne je selbst Öffentlichkeit zu spüren, zu einer toten Ikone auf einem Foto gebombt? Schwer vorstellbar. Auch die heutigen Linksextremen wollen nicht sterben. Sie wollen die Verhältnisse zum Tanzen bringen, leben. "Ihr liebt das Leben, wir lieben den Tod." Dieser Satz trennt Islamisten nicht nur vom kapitalistischen Westen, sondern auch von seinen linken Gegnern. Noch.

Zurück zur aktuellen Debatte. Wolfgang Bosbach sagt, er wolle keinen Generalverdacht gegen Konvertiten aufkommen lassen. Doch er bestätigt mit seinem Vorschlag von höchster Stelle alle Vorurteile gegen den Islam. Was sonst ist seine Idee als eine vorweggenommeme, pauschale und vor allem nutzlose Verdächtigung? Bosbach erreicht damit nicht nur nichts, er ermöglicht Islamisten die dankbare Opferrolle. Er selbst wird das vermutlich nicht so eng sehen, er verliert ja keine Wähler, kaum ein Muslim wählt CDU.

Stattdessen steht es mal wieder im Raum: Linke sind Memmen, sie können Euch nicht vor unseren Feinden nicht beschützen. Dieses Wahlkampfmantra nutzen rechte und konservative Parteien seit Jahrzehnten, weltweit. Und immer wieder funktioniert es. Vergleiche Bush und die Terroristen, Berlusconi und die Autonomen, Sarkozy und die Ghettokinder, Howard und die Aboriginies. Es wird Zeit, die Schäden anzusprechen, die solche Wahlkämpfe anrichten.

Wie sich herausstellte, beruht dieser Kommentar auf einer Fehlinformation. Wolfgang Bosbach hat kein Konvertitenregister gefordert. Wir bedauern den Fehler.

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